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Wie der Klimawandel die Schweiz und die Welt verändert
Dürren, Killertiere und Katastrophenfilme

Der Klimawandel ist Realität, der Meeresspiegel steigt immer schneller – und die Weltgemeinschaft hat kein Rezept dagegen. Was bedeutet das für uns?
Publiziert: 02.01.2020 um 23:17 Uhr
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Aktualisiert: 03.09.2020 um 18:15 Uhr
Fabienne Kinzelmann

Der Klimawandel ist wie ein Autounfall in Zeitlupe. Alle schauen hin, und trotzdem tut keiner etwas, um ihn ernsthaft zu verhindern. Doch jeder Alarmbericht, das Insektensterben und die Waldbrände in den USA verdeutlichen: Der Klimawandel verläuft so, wie Forscher es seit Jahrzehnten voraussagen. Trotzdem endete der Klimagipfel in Madrid Anfang Dezember ohne Ergebnis. Die Weltgemeinschaft konnte sich in Spanien nicht auf Massnahmen einigen, um die Erderwärmung in den Griff zu kriegen. Das wird nicht folgenlos bleiben, wenn die Wissenschaft recht behält und der Meeresspiegel in den nächsten 50 bis 100 Jahren schneller ansteigt. Diese zehn Fakten werden unser Leben in den nächsten Jahren verändern.

1. In den Voralpen ist Skifahren Schnee von gestern

Geht der Klimawandel ungebremst weiter, soll die durchschnittliche Jahrestemperatur in der Schweiz in naher Zukunft um bis zu 1,9 Grad steigen. Bis Mitte des Jahrhunderts steigt sie sogar um bis zu 3,3 Grad – und damit die Schneefallgrenze auf 1500 Meter über Meer. Damit wird in immer weniger Skigebieten genügend Naturschnee liegen. Sicher sind nur hohe Gebiete wie Zermatt VS. Und: In einem Szenario ohne Klimaschutz sind selbst die grössten Schweizer Gletscher bis zum Ende des Jahrhunderts weg.

2. Der Bundesrat muss über Klimapass für Flüchtlinge diskutieren

Der Klimawandel hat das Potenzial, ganze Regionen unbewohnbar zu machen. Und zwar nicht nur aufgrund von Hitze oder fehlenden Ressourcen wie Wasser und Nahrung. Nach der Klimakonferenz in Madrid fordern grüne Politiker: Europa muss Flüchtlinge aufnehmen, deren Land aufgrund des Klimawandels schlicht nicht mehr existiert. Kiribati etwa hat nur noch 50 Jahre – dann wird die Südseeinsel vermutlich komplett vom Wasser verschluckt sein.

In einem Szenario ohne Klimaschutz sind selbst die grössten Schweizer Gletscher bis Ende des Jahrhunderts weg.
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3. Im Mittelmeerraum wird Wasser knapp

In vielen sizilianischen Städten musste das Wasser im vergangenen Sommer bereits rationiert werden. Im Mittelmeerraum, aber auch Kalifornien nehmen die Regenmengen in Zukunft weiter ab, während die Verdunstung durch höhere Temperaturen zunimmt. Die Folge: Zum Duschen reicht das Wasser zwar noch – für die Landwirtschaft allerdings wird es knapp und teuer. Erwärmt sich die Erde in den nächsten Jahrzehnten um drei Grad, wird sich die Fläche der Dürregebiete in Europa verdoppeln.

4. Die Nachtzüge kommen zurück

Der Verkehr macht in Europa 25 Prozent der Emissionen aus. Höchste Zeit für umweltfreundlichere und kostengünstigere Mobilität. Luxemburg macht es vor: Im Kleinstaat ist der Nahverkehr ab 1. März dieses Jahres kostenlos. Und die österreichischen Bundesbahnen bauen ihr Nachtzug-Geschäft weiter aus. Im Januar fährt erstmals ein Nachtzug zwischen Wien und Brüssel, Ende des Jahres kommt eine Verbindung zwischen Wien und Amsterdam dazu. In Kooperation mit den SBB könnte es bald auch wieder einen Nachtzug zwischen Zürich und Barcelona (Spanien) geben.

5. Der Klimakampf wird militanter

Vor einem Jahr fing mit den harmlosen Schülerstreiks alles an. Doch die Klimabewegung wird immer militanter. Viele Klimateenies engagieren sich mittlerweile bei der radikalen Umweltschutzbewegung Extinction Rebellion. Die dezentral organisierte Gruppe legte unter anderem bereits in London und Lausanne wichtige Verkehrsknotenpunkte lahm.

6. Killertiere in der Schweiz

Der gefährlichster Einwanderer lebt im Tessin: Die Asiatische Tigermücke, die unter anderem Denguefieber überträgt, fühlt sich dank der steigenden Temperaturen bereits seit 2003 in der Region heimisch. Und sie ist nicht allein. Auch in anderen Ländern Europas siedeln sich Arten an, die bislang nicht überleben konnten. Eine Heuschreckenplage überfiel im Juni 2019 Sardinien.

7. Bäume retten uns nicht

Im vergangenen Sommer gab eine ETH-Studie Hoffnung: Wälder könnten durch geschickte Aufforstung zwei Drittel der durch Menschen verursachten Emissionen aufnehmen. In der Praxis ist das Aufforstungspotenzial allerdings viel kleiner. Ein Wald etwa braucht mehr als 100 Jahre, um richtig zu wachsen. Wichtiger ist es darum, bestehende Wälder zu schützen und Brandrodungen wie im Amazonas in den nächsten Jahren dringend zu stoppen und zu verhindern.

8. Technik kann uns retten

Synthetische Treibstoffe, die mit Sonnenlicht oder anderen Quellen CO2 aus der Luft nehmen, können einen CO2-neutralen Benzinersatz bieten. Das funktioniert allerdings noch nicht für grosse Mengen. Das von ETH-Forschern gegründete Unternehmen Climeworks hat Kollektoren entwickelt, die CO2 aus der Luft filtern und in den Boden pressen. Mit dieser Technik könnte man künftig vielleicht die letzten zehn Prozent CO2-Emissionen in den Griff bekommen, die wir nicht verhindern können.

9. Hollywood schlägt Profit aus dem Klimawandel

Als der Hollywood-Blockbuster «The Day After Tomorrow» 2004 in die Kinos kam, schien die darin geschilderte globale Klimakatastrophe noch surreal. Doch seit die Szenarien wahrscheinlicher werden, setzt sich in Literatur und Film ein Trend mit den Weltuntergangsszenarien fest: Climate-Fiction.

10. Fleisch muss vom Speiseplan

Öfter mal das Fahrrad nehmen, Plastikverpackungen reduzieren, weniger online shoppen: alles löbliche Vorsätze. Den mitunter grössten Klimafussabdruck aber hinterlässt der Mensch auf dem Teller: Ein Kilo Rindfleisch kostet in der Produktion laut WWF umgerechnet 15,4 Kilo CO2. Linsen im Vergleich nur 0,7 Kilo. Wer keine Lust auf Hülsenfrüchte hat: Auch lokales Wild schneidet gut ab.

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