Von Heimweh will Lian Bichsel nichts wissen. Ihm gefällt es im fernen Schweden. Er kommt auch alleine gut zurecht in Leksand. Der 17-Jährige lebt in einem Appartement, putzt selbst, macht die Wäsche und kocht. Da hilft es ihm, dass er schon vorher ab und zu daheim in der Küche stand.
Die Integration wurde ihm in der Kleinstadt (15'000 Einwohner) leicht gemacht. «Die Leute hier sind extrem entspannt und nett», sagt Bichsel. Im Team und in der Schule spricht er Englisch. Zudem besucht er einen Schwedisch-Kurs.
Auch sportlich passt es ihm. «Es fegt!», sagt der Solothurner, der nicht mit Schriftsteller Peter Bichsel verwandt ist, und schwärmt von den Trainings, die auf Match-Intensität geführt werden.
«Er spielt sehr erwachsen»
Seit er im Sommer nach Schweden gewechselt ist, hat er manchen verblüfft. Sowohl in der Liga, wo er bisher fünf Mal zum Zug kam und bereits einen Assist verbuchte, als auch in der Champions League durfte er ran. So auch heute gegen Fribourg.
Schnell gab es Lobeshymnen über den jungen Riesen (96 Kilo auf 1,95 Meter). Er habe schon viele Talente trainiert, sagte Coach Björn Hellkvist dem «Expressen». «Es ist aber selten, dass einem so ein grosses Talent über den Weg läuft.» Deshalb laste Druck auf den Trainern und dem Klub, ihn zu einem Diamanten zu veredeln.
Bichsel wurde bereits mit Victor Hedman, einem der besten Verteidiger der Welt und zuletzt zweimal Stanley-Cup-Sieger mit Tampa Bay, verglichen, was etwas vermessen sei, wie Sportchef Thomas Johansson sagt: «Aber ich denke, er bewegt sich so. Er wagt es, körperbetont zu spielen, er schenkt keine Pucks weg. Er spielt sehr erwachsen.»
«Der Draft ist für mich nebensächlich»
Immer mehr Augen sind auf den 17-Jährigen gerichtet. Seine Chancen für den NHL-Draft im nächsten Sommer sind hervorragend. Doch er sagt cool: «Der Draft ist für mich nebensächlich.» Über Schweden schafften mit Kevin Fiala und Dean Kukan bereits zwei junge Schweizer den Sprung in die NHL.
Dabei rechnete Bichsel damit, zunächst nur in der U20 zum Einsatz zu kommen. Doch dann ging alles ganz schnell. Im Kader fehlte ein Verteidiger, so dass man dem Neuen eine Chance gab. «Ich bin so reingerutscht und konnte mich zeigen.»
Ein wenig Profi-Erfahrung hatte der U18-Nati-Verteidiger, dessen Ziel die U20-WM Ende Jahr ist, schon. Ende letzte Saison durfte er bei Biel reinschnuppern und stand etwas mehr als drei Minuten auf dem Eis.
Während sich die meisten Schweizer Vereine nicht als Ausbildungsklubs verstehen, hat man in Schweden Platz für Nachwuchskräfte im Kader. «Wenn du gut genug bist, geben sie dir eine Chance», sagt Bichsel. Er hat seine genutzt.
