Nach fünf Jahren endet die Erfolgsstory von Urs Fischer
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Union trennt sich vom Trainer:Nach fünf Jahren endet die Erfolgsstory von Urs Fischer

Kult-Kicker und Union-Legende zieht vor Fischer den Hut
«Über Urs wird man noch in 100 Jahren reden»

Kult-Kicker, Sky-Experte und Union-Legende Torsten «Tusche» Mattuschka sagt im Blick, was er über die Trennung von Urs Fischer denkt.
Publiziert: 15.11.2023 um 19:05 Uhr
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Aktualisiert: 15.11.2023 um 19:07 Uhr
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Michael WegmannStv. Fussballchef

Blick erreicht Torsten Mattuschka (43) auf dem Weg zum Training. Die Union-Legende (über 280 Spiele) hat vor wenigen Tagen das Traineramt beim VSG Altglienicke übernommen, ad interim, nachdem sich der Klub aus der Regionalliga Nordost von seinem Trainer getrennt hat. Mattuschka redet leise: «Ich bin gerade in der U-Bahn und kann nicht lauter sprechen. Ich nehme an, es geht um Urs Fischer und Union, wenn Sie aus der Schweiz anrufen.» 

Blick: Ja. Was denken Sie über die Entlassung von Fischer?
Torsten Mattuschka: Ich bin traurig, wie alle hier. Jeder im Klub und jeder Mensch, der Union im Herzen trägt, hat gehofft, dass Urs mit seiner Mannschaft die Kurve kriegt und es nicht so weit kommt.

Können Sie den Entscheid nachvollziehen?
So schwer es mir fällt: Ja, das kann ich. 14 sieglose Spiele in Serie ist schon eine wahnsinnige Zahl, darunter nur ein Unentschieden, sonst nur Niederlagen. Ich glaube, man hat noch überlegt, ihm noch Augsburg am 25. November zu geben. Aber was wäre gewesen, wenn man da verloren hätte? Dann hätte man die Länderspielpause ungenutzt verstreichen lassen und sich das vorwerfen müssen.

Union Berlin trennt sich von Fischer nach knapp sechs Jahren, in denen es (fast) nur aufwärtsging, und 14 sieglosen Spielen in Serie.
Foto: imago/Nordphoto
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Das ist Torsten Mattuschka

Torsten «Tusche» Mattuschka (43) ist ein Kind der DDR, geboren am 4. Oktober 1980 im ostdeutschen Cottbus. Als Jugendlicher spielte er bei Energie Cottbus, wo er Anfang der 2000er-Jahre auch seinen ersten Profivertrag erhielt. Den Grossteil seiner Karriere verbrachte der Mittelfeldspieler aber bei Union Berlin: Zwischen 2005 und 2014 absolvierte er 281 Pflichtspiele (Regional-, 3. und 2. Liga) für die Eisernen und erwarb sich beim Berliner Stadtteilklub Legenden-Status. Als Trainer arbeitete sich Mattuschka beim Regionalligisten VSG Altglienicke vom Nachwuchs- zum Co- und nun Cheftrainer hoch. Seit 2019 ist er zudem als TV-Experte der 2. Bundesliga für Sky im Einsatz. (og)

Torsten «Tusche» Mattuschka (43) ist ein Kind der DDR, geboren am 4. Oktober 1980 im ostdeutschen Cottbus. Als Jugendlicher spielte er bei Energie Cottbus, wo er Anfang der 2000er-Jahre auch seinen ersten Profivertrag erhielt. Den Grossteil seiner Karriere verbrachte der Mittelfeldspieler aber bei Union Berlin: Zwischen 2005 und 2014 absolvierte er 281 Pflichtspiele (Regional-, 3. und 2. Liga) für die Eisernen und erwarb sich beim Berliner Stadtteilklub Legenden-Status. Als Trainer arbeitete sich Mattuschka beim Regionalligisten VSG Altglienicke vom Nachwuchs- zum Co- und nun Cheftrainer hoch. Seit 2019 ist er zudem als TV-Experte der 2. Bundesliga für Sky im Einsatz. (og)

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Bei unserem letzten Gespräch im September 2022 meinten Sie noch, die Klubverantwortlichen würden ruhig bleiben, sollte es einmal nach unten gehen. Sie sagten: «Die wissen, woher man kommt.» Haben Sie sich geirrt?
Nein. Man ist sehr lange ruhig geblieben und hat alles versucht, um zusammen mit Urs Fischer die Kehrtwende zu schaffen. Die Fans haben noch nach dem 0:4 zuletzt gegen Leverkusen seinen Namen gerufen und applaudiert. Nennen Sie mir einen anderen Verein, der in einer solchen Situation so lange an seinem Trainer festgehalten hätte.

Der SC Freiburg ist mit Christian Streich in der Saison 2014/15 abgestiegen und ein Jahr drauf mit ihm wieder aufgestiegen. Fussball-Romantiker träumten davon, dass auch Union eisern an Fischer festhalten wird.
Streich hat damals mit Freiburg nicht so eine unfassbare Pleiten-Serie hingelegt. Ich glaube, hätten Fischer und seine Spieler zwischendurch auch einmal den Beweis erbracht, dass man auch gewinnen kann, er wäre weiterhin Trainer. Der Entscheid fiel den Verantwortlichen schwer, aber bei Union gehts ums Überleben. Ein Abstieg wäre eine Katastrophe.

Weshalb? Bis zum Aufstieg 2019 spielte Union nie in der ersten Liga.
Der Klub ist seither viel grösser geworden, die Mitgliederzahl ist gewachsen, Erfolg macht ja sexy. Aber auch die Anzahl der Mitarbeiter hat seit dem Aufstieg zugenommen, die Ausgaben sind viel höher. Ein Abstieg hätte verheerende Folgen: Es würde zu Entlassungen kommen und der Stadionbau dürfte nach hinten verschoben werden müssen. Und dann hat sich noch etwas entscheidend verändert.

Was?
Mit all den Erfolgen zuletzt sind auch die Erwartungen gestiegen. Bei allen Eisernen hat sich die Denke verändert: Die Unioner haben Blut geleckt, sie wollen sich in den europäischen Plätzen festbeissen. Es muss nicht unbedingt die Champions League sein, aber Platz sechs halt schon. Das Zeichen mit der Fischer-Entlassung ist klar: Es geht jetzt verdammt nochmal nur um den Ligaerhalt!

Schadet dieses Ende Fischers Ruf?
Nein. Urs ist und bleibt eine Vollgranate. Was er mit Union geleistet hat, ist unglaublich. Kein Unioner hätte sich je nur erträumt, einmal die Champions-League-Hymne hören zu dürfen. Über Urs wird man hier bei uns noch in 100 Jahren reden. Er kann erhobenen Hauptes gehen, das weiss er auch. Und kommt er einmal auf Besuch, wird er überall umarmt und gefeiert. Aber das unfassbar schöne Märchen ist nun zu Ende. Es ging bis hierher und nicht weiter.

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