Abbau-Ankündigung von 170 Poststellen schweizweit verunsichert
Post hat noch gar nicht alle Kantone informiert – erst knapp 15 betroffene Orte bekannt

Warum weiss die Öffentlichkeit immer noch nicht, welche Poststellen dem Abbau zum Opfer fallen? Blick geht der Frage nach und erklärt, warum erst wenige Orte über eine mögliche Schliessung Bescheid wissen. Und wann Bürgerinnen und Bürger wieder von der Post hören.
Publiziert: 26.08.2024 um 12:02 Uhr
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Aktualisiert: 26.08.2024 um 12:09 Uhr

Auf einen Blick

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Ulrich RotzingerWirtschaftschef

Drei Monate ist es jetzt schon her. Am 29. Mai machte Post-Chef Roberto Cirillo (52) Gerüchten ein Ende: 170 Poststellen müssen schliessen. Gut 30 Millionen Franken will der Staatsbetrieb damit einsparen. Es treffe Gemeinden über die ganze Schweiz hinweg. «Einzelne Gebiete werden stärker betroffen sein als andere, das muss die definitive Analyse zeigen», hiess es damals. 

Den Zeitplan gab sich die Post selbst vor. «Ab sofort bis spätestens Ende Juni» würden die betroffenen Mitarbeitenden informiert. Ab Juli folgen die Kantone und Gemeinden, versprach der Staatsbetrieb damals auf Blick-Anfrage. Ab dann werde öffentlich informiert, welche Filialen geschlossen werden.

Fehlanzeige! Selbst die Landesregierung weiss – Stand heute – nicht mehr als die Bürgerinnen und Bürger, wie aus einer am letzten Mittwoch verabschiedeten Antwort auf einen Vorstoss aus dem Parlament hervorgeht. Bis auf Weiteres bleibt offen, bei welchen Poststellen tatsächlich der Laden für immer runtergeht. 

Post-Chef Roberto Cirillo: Sein Unternehmen hat im Mai den Abbau von 170 Poststellen bekannt gegeben.
Foto: Keystone
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Wie der Staatsbetrieb auf Rückfrage bestätigt, sind zahlreiche Gespräche und Verhandlungen mit betroffenen Gemeinden am Laufen. Das ist zum Beispiel im Kanton St. Gallen der Fall. «Die Post beabsichtigt die kommunizierten Umwandlungen Schritt für Schritt im Zeitraum 2025 bis 2028. Es passiert also nicht alles von heute auf morgen», sagt Sprecher Stefan Dauner zu Blick. «Über den Stand der Gespräche wird die Post im Herbst 2024 wieder informieren.»

Einzelne Kantone noch gar nicht kontaktiert

Was die Post auf Nachfrage dann preisgibt: Es wissen immer noch nicht alle betroffenen Poststellen und deren Gemeinden, dass sie auf der Schliessungsliste stehen. «Der Prozess ist noch am Laufen.» Beispielsweise noch nicht angegangen wurde der Kanton Graubünden. «Ein Austausch zwischen dem Kanton und der Post ist erst für Ende Oktober geplant», sagt Nadja Cadonau vom Departement für Volkswirtschaft und Soziales Graubünden.

Nichts offiziell bekannt ist in Zürich. Beim Kanton Aargau heisst es: «Die Post hat uns mitgeteilt, dass sie mit den betroffenen Gemeinden Kontakt aufgenommen hat, mit dem Ziel, eine Ersatzlösung zu finden.» Welche das sind, darüber würde die Post informieren. 

Laut Regierungsrat Kaspar Sutter steht der Kanton Basel-Stadt mit der Post im Austausch. «Dem Abbau von Poststellen im städtischen Raum stehe ich kritisch gegenüber. Poststellen sind auch in städtischen Quartieren ein wichtiger Bestandteil des Service publics. Ausschlaggebend für mich ist, dass die Entwicklung des Poststellennetzes unter Berücksichtigung klarer betriebswirtschaftlicher Kriterien und Vergleichbarkeiten erfolgt.»

Im Thurgau und Tessin stehen Filialen fest

Einen Schritt weiter sind Bürgerinnen und Bürger im Kanton Thurgau. Durch eine Einfache Anfrage im Grossen Rat wurden Anfang August drei Orte bekannt, deren Postfilialen von möglichen Verhandlungen über eine Schliessung betroffen sind: Bürglen, Eschlikon und Egnach.

Eine der am stärksten von der Reorganisation betroffenen Kantone ist das Tessin. Laut der Website der Zeitung «La Regione» sind unmittelbar fast ein Dutzend Poststellen betroffen: Cadro, Maglio di Colla, Mezzovico, Lodrino, Mesocco, Novazzano, Arzo, Locarno-Solduno und Verscio. In Bellinzona würden die Filialen «Semine» und «San Paolo» ihre Türen schliessen. Die betroffenen Gemeinden sollen bereits kontaktiert worden sein. Insgesamt würden im Südkanton bis 2028 rund 20 Poststellen geschlossen.

Trost für alle Betroffenen: Kündigungen soll es keine geben. Es würden als Ersatz individuelle Lösungen geprüft, um die postalische Grundversorgung zu garantieren. Das könnten etwa Postagenturen oder ein Hausservice sein, wiederholt die Post Aussagen von Ende Mai. Das Rückgrat soll in Zukunft weiterhin das Netz aus den verbleibenden 600 Poststellen schweizweit bilden. 

Der Gewerkschaft Syndicom geht das alles viel zu lang, die Forderung nach einer raschen Kommunikation wird laut. «Die Intransparenz verstärkt die Verunsicherung und Belastung für die Belegschaft noch zusätzlich», sagt Geschäftsleitungsmitglied Manuel Wyss zu Blick. «Es ist zudem inakzeptabel, dass die Post so lange damit wartet, die Öffentlichkeit über die betroffenen Postfilialen zu informieren.» Die Gewerkschaft hat eine Petition lanciert, die besorgte Bürger unterzeichnen können.

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