Altes New Yorker Wahrzeichen
Warum dieser weltberühmte Wolkenkratzer heute fast wertlos ist

2019 zahlte der Immo-König René Benko noch viele Millionen für den weltberühmten Wolkenkratzer in Manhattan. Nun dürfte seine Signa Mühe haben, das Chrysler Building zu verkaufen. Blick erklärt den Wertzerfall des legendären Gebäudes.
Publiziert: 11.03.2024 um 06:48 Uhr
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Aktualisiert: 12.03.2024 um 07:58 Uhr
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Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

Als das Chrysler Building 1930 fertiggestellt wurde, war es mit 319 Metern Höhe das höchste Gebäude der Welt. Über neunzig Jahre später ist der Wolkenkratzer im Stil des Art déco noch immer eines der bekanntesten Hochhäuser in Manhattan und ein Wahrzeichen von New York.

Heute gehört der ikonische Turm mit der Stahlkuppel der Signa RFR US Selection AG, an der die Signa Holding des gefallenen Immobilieninvestors René Benko (46) zur Hälfte beteiligt ist. Um die Gläubigerforderungen von derzeit 7,8 Milliarden Euro (umgerechnet 7,5 Milliarden Franken) zu bezahlen, soll die insolvente Signa ihr Tafelsilber verkaufen. Unter anderem muss sich die Globus-Besitzerin auch vom Chrysler Building trennen.

Enormer Preisverfall

Doch die Verkaufsbemühungen blieben bisher offenbar ohne Erfolg. Überhaupt ist fraglich, wie viel das Gebäude noch wert ist. Die österreichische Signa und die deutsch-amerikanische RFR Group haben das Chrysler Building 2019 für 150 Millionen Dollar dem Staatsfonds von Abu Dhabi abgekauft. Dieser hatte 2008 noch 800 Millionen Dollar für einen Anteil von 90 Prozent am Wolkenkratzer bezahlt.

Das Chrysler Building (Baujahr 1930) im Stil des Art déco ist eines der bekanntesten Hochhäuser in Manhattan und ein Wahrzeichen von New York.
Foto: Shutterstock
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Wie kam es zu diesem extremen Preiseinbruch? Besonders schwer wog wahrscheinlich der hohe Baurechtszins, eine Art Landpacht, den die Eigentümer des Chrysler Buildings jährlich an den Landbesitzer Cooper Union – eine gebührenfreie Universität, die sich auch durch diese Einnahmen finanziert – bezahlen müssen. Dieser stieg 2019 auf 32,5 Millionen Dollar, nach 7,5 Millionen Dollar im Jahr davor, sagt Jaroslav Machalicky (48), Immobilienspezialist bei der Zürcher Privatbank EFG. Dazu kamen eine vergleichsweise geringe Auslastung von nur 80 Prozent und ein geplatzter Deal mit Amazon.

Dieselben Probleme plagen das Gebäude auch fünf Jahre später: Es werde erwartet, dass die Baurechtszinsen bis 2028 weiter auf 41 Millionen Dollar pro Jahr steigen werden, so Machalicky. «Angesichts der Leerstandsquote des Gebäudes von 20 Prozent und der aktuellen Durchschnittsmiete für Midtown Manhattan ab dem vierten Quartal 2023 würde die Baurechtszinszahlung mehr als die Hälfte des jährlichen Nettobetriebsergebnisses des Gebäudes ausmachen.»

Dazu müssten die Investitionsausgaben berücksichtigt werden, die erforderlich sind, um das Gebäude auf die neusten ESG-Standards zu bringen, sagt Machalicky. Der US-Bürobestand sei in die Jahre gekommen, kaum ESG-gerecht und erfordere grosse Kapitalaufwendungen, um ihn in eine zeitgemässe Form zu bringen.

Hunderte Millionen müssten investiert werden

«Beim Chrysler Building handelt es sich in erster Linie um ein Redevelopment-Gebäude», bestätigt Jan Eckert (59), CEO Schweiz beim Immobilienberater Jones Lang Lasalle (JLL). Signa und RFR seien bewusst in dieses Redevelopment eingestiegen, mit dem Ziel, einige hundert Millionen Dollar zu investieren, um es neu zu positionieren. «Da sie nie so weit gekommen sind, wird wohl das Gebäude als Redevelopment weitergereicht werden müssen.»

«In New York City werden die Gebäude direkt auf Basis ihrer Cashflow-Situation bewertet», sagt Eckert. Gebäude könnten so stark an Wert verlieren, wenn Mieter aus Flächen ausziehen, die nur mit einem erheblichen Investitionsbedarf wieder aktiviert werden können.

Gewerbeimmobilien in der Krise

Dazu ist auch der Zeitpunkt für den Verkauf eines Büroturms in New York denkbar schlecht. Am US-Geschäftsimmobilienmarkt ziehen gerade dunkle Wolken auf. Der Trend zum hybriden Arbeiten und die höheren Zinsen machen Gewerbeimmobilien zu weniger attraktiven Investments.

Banken in den USA, Japan und Europa mussten in den letzten Wochen eingestehen, dass die von ihnen für Bürogebäude gewährten Kredite möglicherweise nicht vollständig zurückgezahlt werden können. So musste etwa die Deutsche Pfandbriefbank (PBB), die stark am US-Gewerbeimmobilienmarkt engagiert ist, ihre Rückstellungen für faule Kredite vervielfachen.

Anteil an Bürogebäude für 1 Dollar verkauft

Der grösste kanadische Pensionsfonds verkaufte Ende 2023 seine 29-Prozent-Beteiligung an einem Bürogebäude in Manhattan für 1 Dollar an einen Partner, der dafür auch den Schuldenanteil übernahm, berichtete die Wirtschaftsagentur Bloomberg. Die Investoren hatten das zwanzigstöckige Gebäude erst 2021 zusammen mit dem Singapurer Staatsfonds GIC gekauft, um es in ein modernes Bürogebäude umzuwandeln.

Alle Anzeichen deuten also darauf, dass Signa für das Chrysler Building weniger als den Kaufpreis von 2019 bekommen wird. Vor dem Hintergrund der aktuellen Einbussen bei amerikanischen Gewerbeimmobilien könnte es sogar nahezu wertlos sein.

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