Billighändler drängen in die Schweiz – Experte
«Ausländische Discounter nutzen die Gunst der Stunde»

Höhere Teuerung, mehr Discount. Internationale Billigketten wie Action oder Stokomani schicken sich an, nun auch in der Schweiz Kaufkraft abzuschöpfen. Experten und Konsumforscher sind überzeugt, dass Billigläden hierzulande auf ein gutes Pflaster treffen.
Publiziert: 10.11.2023 um 00:02 Uhr
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Aktualisiert: 10.11.2023 um 07:53 Uhr

Weniger Lohn in der Tüte, weniger Geld im Sack, dafür umso mehr Discount im Korb: Die Schweiz wird zum Expansionsziel internationaler Billigketten. Das jüngste Beispiel: Stokomani im Wallis. Die französische Discount-Kette hat diese Woche ihre erste Schweizer Filiale im Einkaufszentrum Antzère in Conthey eröffnet. Im Angebot: Mode, Hygieneartikel und Parfums, Dekoration, Haushaltswaren, Spielzeug und Saisonprodukte. Alles Restposten, die zum Niedrigpreis von Grosshändlern übernommen und in den eigenen Filialen zum Tiefpreis weiterverkauft werden.

Wenige Wochen zuvor hat der niederländische Billighändler Action seine Expansion in die Schweiz angekündigt. Action wirbt auf der Firmenwebseite mit Hunderten Produkten, die für weniger als 1 Euro zu haben sein sollen. Zum Sortiment gehören Unterwäsche, Pfannensets, Werkzeug – aber keine Lebensmittel. Action hat gegenüber dem Online-Fachportal «Konsider» bestätigt, dass der ersten Basler Niederlassung weitere Filialen in der ganzen Schweiz folgen sollen. «Der Entscheid von ausländischen Discountern, in den Schweizer Markt einzutreten, ist verständlich. Potenzial ist sicherlich vorhanden», sagt GfK-Retail-Expertin Myriam Meier zu Blick.

Leere Verkaufsflächen ziehen Discounter an

Die neue Konkurrenz für Otto's, Radikal Liquidationen, Tchibo und Co. erstaunt Fachleute nicht. «Die internationalen Discounter nutzen die Gunst der Stunde, die sich ihnen jetzt in der Schweiz bietet», sagt Nordal Cavadini (49). «Aufgrund der anhaltenden Teuerung greift die Masse an Konsumenten vermehrt zu Produkten mit tieferen Preisen», so der Detailhandelskenner weiter.

Seit dieser Woche mit einer ersten Filiale in der Schweiz: Stokomani. (Symbolbild)
Foto: IMAGO/Pond5 Images
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«Die Konsumenten müssen heute nicht mehr überzeugt werden, dass günstiger auch gut sein kann»
Nordal Cavadini (49), Detailhandelsexperte
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Doch nicht nur die Teuerung öffnet den Billigläden die Tür zum Schweizer Markt. «Weil es bei den Detailhandelsimmobilien vielerorts Leerstand gibt, kommen die ausländischen Discounter nun einfacher an geeignete Standorte ran», weiss Cavadini. Was diesen zugutekommt: «Die Konsumenten müssen heute nicht mehr überzeugt werden, dass günstiger auch gut sein kann.»

Fürchten müssen sich die etablierten Billighändler deshalb nicht. «Es braucht einige Zeit, um in der Schweiz wirklich Fuss zu fassen», sagt Cavadini. «Zudem hat es in den Bereichen günstiger Non-Food-Alltagsartikel und Mode noch Lücken in der Schweiz, die Discounter wie Action und Stokomani zu füllen versuchen.»

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«Der Eintritt von Action und Stokomani entspricht der natürlichen Entwicklung im Handel»
Gianluca Scheidegger (31), Konsumforscher
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Neue Handelsunternehmen steigen häufig mit einfachen Einrichtungen, wenig Prestige und dem Ruf, Preise und Margen zu senken, in einen Markt ein, sagt Gianluca Scheidegger (31). «Der Eintritt von Action und Stokomani entspricht der natürlichen Entwicklung im Handel. Sie belegen den Platz im Niedrigstpreissegment, von dem sich Aldi und Lidl schrittweise wegbewegt haben», so der Konsumforscher vom Gottlieb Duttweiler Institut.

Im Fall von Stokomani hat ein Schwester-Unternehmen hierzulande schon vor gespurt. Bereits seit mehreren Jahren präsent ist der Billigladen Maxi Bazar. Inzwischen gibt es davon bereits 20 Ableger in der Schweiz.

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Wirtschaftsredaktor Kolbe:«Die Migros muss die Kosten in den Griff kriegen»

Migros reagiert mit Ausbau vom Tiefpreissortiment

Etablierte Grossverteiler wie die Migros bestätigen, dass Haushalte auf günstigere Produkte ausweichen. «Wo kann man am einfachsten sparen? Wenn sie bei einem Produkt auf den Mehrwert verzichten und auf Standardware oder Artikel der Tiefpreislinien ausweichen», sagt Migros-Chef Mario Irminger (58) im Blick-Interview.

Das berücksichtige man nun und baue «die Sortimente so auf und aus, dass sich die Kunden aus jeder Bevölkerungsschicht in ihrer Preisklasse bei der Migros versorgen können.»

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