Dank Schweizer Technologie
Erstmals lässt sich der Blutdruck mit dem Smartphone präzise messen

Bislang war es nicht möglich, mit dem Smartphone den Blutdruck verlässlich zu bestimmen. Das ändert sich nun dank der Entwicklung eines Start-ups aus Lausanne.
Publiziert: 08.02.2024 um 20:47 Uhr
|
Aktualisiert: 09.02.2024 um 15:09 Uhr
RMS_Portrait_AUTOR_928.JPG
Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Diese unangenehme Situation kennt jeder: Du sitzt beim Arzt und musst den Blutdruck messen lassen. Umständlich wird der Ärmel nach oben geschoben, die Manschette angelegt und aufgepumpt. Die Nervosität steigt – und damit auch der Blutdruck.

«Was viele Menschen nicht wissen: Patienten sind oft gestresst, wenn der Blutdruck in der Arztpraxis gemessen wird, was zu unnatürlich hohen und nicht repräsentativen Ergebnissen führt», erklärt Patrick Schoettker (56). In der Medizin ist dieser Umstand auch als «Weisskittelsyndrom» bekannt.

Idee kommt aus dem OP

Der Anästhesist, Professor und Chefarzt am Universitätsspital Lausanne ist einer der Köpfe hinter der App OptiBP des Lausanner Start-ups Biospectal. Der ersten Smartphone-App, die den Blutdruck misst und höchsten medizinischen Standards entspricht.

Mit der App OptiBP des Schweizers Startups Biospectal lässt sich der Blutdruck mit dem Handy präzise messen.
1/4

Bereits gibt es andere Anwendungen auf dem Smartphone, die den Blutdruck messen können. Doch ist die Bedienung umständlicher oder die Messgenauigkeit kann nicht mit den handelsüblichen Manschetten-Messgeräten mithalten.

«Ich beschäftige mich schon lange mit der Frage, wie sich die hochpräzisen Messwerte aus dem Operationssaal in den medizinischen Alltag und auf die allgegenwärtigen Smartphones bringen lassen», sagt Schoettker im Gespräch mit Blick. Im OP wird der Blutdruck mittels eines eingeführten Katheters gemessen – so präzise wie sonst nirgends.

Volkskrankheit Bluthochdruck

Basierend auf rund zwei Millionen Messwerten aus dem OP hat Biospectal eine Anwendung entwickelt, die mittels der Smartphone-Kamera den Blutdruck misst. Einfach den Finger auf die Kamera halten, nach 30 Sekunden liegt das Messergebnis vor. «Unsere App ist die erste zertifizierte Lösung, die es erlaubt, immer und überall den Blutdruck zu messen», so Schoettker. «Wir haben unter anderem in enger Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation WHO in Ländern wie Südafrika, Tansania, Indonesien und Bangladesch getestet, um die Alltagstauglichkeit nachzuweisen.»

Die App, die vorerst nur im Google Play Store in der Schweiz verfügbar ist, ist mehr als eine technische Spielerei. «Hoher Blutdruck ist eine weit verbreitete Erkrankung, die unbehandelt zu vielen Folgeerkrankungen führt und hohe Kosten verursacht. Es ist seit vielen Jahren belegt, dass die Selbstmessung des Blutdrucks zusammen mit Blutdruckmessungen bei Ärztin oder Arzt wichtig zu Diagnostik, Behandlung und Nachverfolgung von hohem Blutdruck sind», schreibt die Krankenkasse CSS auf Anfrage. Die WHO schätzt die Kosten der «Volkskrankheit» Bluthochdruck auf rund auf 370 Milliarden Dollar – pro Jahr.

Nicht ganz günstig

Die Schweiz ist der erste Testmarkt für die App OptiBP, die bald auch im Apple Store verfügbar sein soll. «Wenn alles gut läuft, wird die Anwendung in der zweiten Jahreshälfte in ganz Europa erhältlich sein», skizziert Schoettker die Expansionspläne von Biospectal.

Schweizerisch ist nicht nur die Technologie hinter der App, sondern auch der Preis: Das Jahresabonnement kostet 90 Franken. Gute Manschetten-Messgeräte sind im Onlinehandel zum Einmalpreis von 100 bis 150 Franken erhältlich. Dafür entfällt mit der App das mühsame Eintragen der Messwerte in ellenlange Papiertabellen. Die Daten werden auf dem Smartphone gespeichert und können bei Bedarf an den Arzt oder andere medizinische Einrichtungen übermittelt werden.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Liebe Leserin, Lieber Leser
Der Kommentarbereich von Blick+-Artikeln ist unseren Nutzern mit Abo vorbehalten. Melde dich bitte an, falls du ein Abo hast. Noch kein Blick+-Abo? Finde unsere Angebote hier:
Hast du bereits ein Abo?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.