Kredite, Wettbewerb und Risiko
Diesen Finanzplatz braucht die Schweiz

Die CS ist Geschichte, ihre Firmenkunden müssen sich nach neuen Bankbeziehungen umsehen. Das macht einigen Bauchweh, der gesamte Finanzplatz ist gefordert. Doch wie soll dieser künftig aussehen?
Publiziert: 24.06.2023 um 01:56 Uhr
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Aktualisiert: 24.06.2023 um 09:04 Uhr
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Das Bankenbeben hat nicht nur den Finanzplatz, sondern auch den Werkplatz erschüttert. Bei vielen Patrons und Firmenchefinnen ist eine Verunsicherung zu spüren, wie es nun nach dem Ende der Credit Suisse weitergeht.

Das Firmenkundengeschäft der CS war eine Bank. Für Devisengeschäfte, die Exportfinanzierung, Garantieleistungen oder die Vergabe von Krediten war die «Unternehmerbank» oft Anlaufstelle Nummer eins.

Blick hat sich bei den Schweizer KMU umgehört, was es jetzt braucht, damit Finanz- und Werkplatz den Untergang der CS möglichst schnell verdauen können.

Das Bankenbeben hat auch ...
Foto: keystone-sda.ch
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Geht es um sehr viel Geld für Firmen – bei sogenannten syndizierten Krediten –, war die CS unangefochtene Marktführerin. Also bei Krediten in der Grössenordnung von 60 bis 100 Millionen Franken bis zu zwei bis drei Milliarden, die eine Bank nicht allein stemmen kann oder will und sich deshalb Partnerbanken mit ins Boot holt.

Die CS ist Geschichte – was heisst das für die Schweiz?
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Begrenzte Auswahl an Konkurrenz

«Wir sind eine international aufgestellte Branche. Deswegen brauchen wir auch einen Finanzpartner auf Augenhöhe, der international aufgestellt ist», sagt Martin Hirzel (53), Präsident des Branchenverbands Swissmem am Rand des Swiss Economic Forums (SEF) zu Blick.

Martin Hirzel, Präsident Swissmem: «Wir sind eine international aufgestellte Branche. Deshalb brauchen wir auch einen Finanzpartner auf Augenhöhe, der international aufgestellt ist.»
Foto: Philippe Rossier
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«Vor allem mittelgrosse Unternehmen, die syndizierte Kredite haben, zum Beispiel mit UBS und CS, müssen sich nach einer neuen Diversifikation umschauen – da kommen vor allem ausländische Banken ins Gespräch.»

Allerdings ist hier die Auswahl begrenzt: Die britische HSBC oder die französische BNP Paribas kämen infrage – und natürlich die US-Branchenriesen Citibank, JP Morgan oder Morgan Stanley. Eher weniger die Deutsche Bank und die Commerzbank.

Dabei tut sich ein neues Problem auf: Der Banker «auf Augenhöhen» ist eben auch einer, der die gleiche Sprache spricht, Mentalität und Kultur seiner Kunden teilt. «Es ist immer einfacher, wenn man weiss, was das Gegenüber meint und es einen versteht, wenn man etwas sagt – das ist mit ausländischen Banken nicht immer gewährleistet», gibt Marc Gläser (54), CEO der Skimarke Stöckli, zu bedenken.

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Schweizer Lösung bevorzugt

Es gebe zwar ein paar gute ausländische Anbieter, mit denen wir teilweise auch im Export zusammenarbeiten, sagt Peter Spuhler (64), Patron des Zugbauers Stadler Rail. «Aber eine Schweizer Lösung ist immer die bessere Alternative!» Spuhler, der wie viele am SEF das Verschwinden der CS bedauert, ergänzt: «Wir haben einige sehr gute Kantonalbanken, die diese Lücke zum Teil auch füllen können.»

Aber eben nur zum Teil. Denn viele Kantonalbanken sind zu klein, um die finanziellen Bedürfnisse der Exportwirtschaft vollumfänglich abzudecken. Selbst die grösste – die Zürcher Kantonalbank (ZKB) – ist nicht wahnsinnig erpicht darauf, in die Lücke springen, die der Wegfall des Firmenkundengeschäfts der CS hinterlässt.

Wettbewerbsverzerrung befürchtet

Auch wenn es durchaus Stimmen gibt, die der ZKB einiges zutrauen, so kann die Bank nicht nach Belieben Kredite vergeben und damit ihre Bilanz so aufblähen. «Der Untergang der CS ist ein Verlust für die Schweizer Wirtschaft, denn auch die Schweizer KMU profitieren von einem funktionierenden Finanzmarkt», so Stöckli.

Die günstige Kapitalbeschaffung ist bis anhin ein Wettbewerbsvorteil für die Schweiz. Da müssten sich auch einige kleinere Schweizer Banken überlegen, ob und wie sie den Firmen aushelfen können.

UBS-Chef Sergio Ermotti (63) wird zwar nicht müde, die Marktmacht der neuen UBS herunterzuspielen. Trotzdem ist die Angst der KMU vor höheren Gebühren oder schlechteren Kreditbedingungen gross: «Der Wettbewerb wird sich verschlechtern. Die Konzentration auf eine grosse Bank tut niemanden gut», befürchtet Claudia Willi (52), Gründerin von Treazrly, ein Software-KMU aus dem Personalbereich.

Die Angst der Firmen: Ist der Wettbewerb eingeschränkt, könnten die Gebühren für Bankgeschäfte steigen. Andreas Dietrich (45), Finanzprofessor an der Hochschule Luzern, beruhigt: «Gerade bei grösseren Firmen sind die Margen relativ tief, ich gehe nicht davon aus, dass es zu einem substanziellen Preisanstieg kommt.»

Das richtige Mass Risiko und Regulierung

«Von einer kleinen Katastrophe» spricht gar Michael Escher (50), Gründer und CEO von Solar 21, einem erst vor zwei Jahren gegründeten Start-up. Zu viele Risiken haben die CS zwar in den Abgrund geritten, ganz ohne Risiko geht es aber nicht. «Ich hoffe, dass ich bei der UBS die gleiche Risikobereitschaft für Jungunternehmen antreffen werde», so Escher.

Nicht zu viel, aber auch nicht zu wenig Risiko – eine heikle Gratwanderung für jede Bank. Gar ein Viertel der Mitglieder von Swissmem fürchtet schlechtere Konditionen für ihre Finanzgeschäfte. Bleibt die Frage, wie sich das verhindern liesse? Sicher nicht durch eine übermässige Regulierung der neuen Superbank, so die Meinung vieler Unternehmer.

Zuversicht bei Economiesuisse

Andererseits: Noch hat sich die Weko nicht zur neuen UBS geäussert. Zu sagen haben die Wettbewerbshüter zwar nichts, sollten sie aber grosse Bedenken anmelden, müsste die Finma noch mal über die Bücher.

Klar ist: Die UBS muss nun sehr schnell Fakten schaffen, wie es für die CS Schweiz mit all den Firmenkunden weiter geht. Je länger die Bank zuwartet, desto mehr wächst die Verunsicherung. Das kann sich niemand wünschen.

Bei Economiesuisse, dem Dachverband der Schweizer Wirtschaft, gibt es nur wenige Bedenken punkto Finanzplatz Schweiz: «Für den Moment ist der Wettbewerb gewährleistet, das ist sehr positiv», erklärt Direktorin Monika Rühl (60). Vielleicht auch, weil das Geschäft trotz aller Sorgen der KMU weitergehen muss: «Damit wir auch weiterhin eine starke Wirtschaft bleiben können, brauchen wir einen starken Finanzplatz – mit der neuen UBS ist das gewährleistet.»

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