Schweizer Verpackungsunternehmen Vetropack über Ukraine-Angestellte
«Wir holen Menschen auf der Flucht mit eigenen Bussen ab»

Das Vetropack-Werk nahe Kiew ist nach Granatenbeschuss schwer beschädigt. Viele Mitarbeitende sind auf der Flucht, Vetropack holt sie mit eigenen Bussen an der Grenze ab. Einige kommen schon bald in der Schweiz an. Andere bleiben in der Ukraine zurück.
Publiziert: 08.03.2022 um 09:45 Uhr

Vetropack holt seine vertriebenen Ukraine-Angestellten teilweise in die Schweiz. Der Schweizer Verpackungshersteller mit Sitz in Bülach ZH hat sein Werk im ukrainischen Gostomel, nahe der Hauptstadt Kiew, geschlossen. Es ist am Sonntag beschossen und schwer beschädigt worden. Mitarbeitende wurden dabei keine verletzt. Vetropack-Finanzchef David Zak (57) beschreibt den Beschuss in der Zeitungen von CH Media nun im Detail: «Die Fabrik befindet sich in der Nähe einer Hauptverbindungsstrasse nach Kiew, weshalb sie in dieser Phase des Kriegs sehr exponiert ist. Am Sonntag sind Granaten eingeschlagen und haben das Werk stark beschädigt. Das Ausmass können wir aber noch nicht beziffern.»

Die Fabrik war schon einige Tage geschlossen, weil die Fabrik «keinen Strom, kein Gas und kein fliessendes Wasser» hatte, wie Zak beschreibt. So könnten die Schmelzwannen zur Herstellung der Glasverpackungen nicht betrieben werden.

Mit Bussen an die Grenze

Vetropack beschäftigt in der Ukraine 600 Angestellte. «Die meisten Familien unserer Mitarbeitenden sind auf der Flucht. Die Männer dürfen das Land allerdings nicht verlassen», so der Finanzchef gegenüber CH Media weiter. Die Schweizer Firma helfe den Angestellten jetzt bei der Flucht. «Wir holen die Menschen auf der Flucht nun mit eigenen Bussen an der ukrainischen Grenze ab und fahren sie in die Slowakei.»

Das Vetropack-Werk nahe Kiew in der Ukraine ist nach Granatenbeschuss schwer beschädigt. Es war schon zuvor geschlossen. (Archivbild)
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Auch in der Slowakei sowie in Tschechien, Kroatien, Italien, Österreich und der Schweiz betreibt Vetropack Fabriken. In diesen Ländern hätten Angestellte den Flüchtlingen Unterschlupf angeboten. «Die Solidarität ist riesig», lobt Zak. Einige der ukrainischen Angestellten werden auch in die Schweiz kommen, kündigt er an. «Übermorgen dürfte es so weit sein.»

Firmen-Generatoren werden umgenutzt

Allerdings haben viele Mitarbeitende die Flucht aus der Ukraine nicht geschafft, gerade die Männer: Sie müssen im Land bleiben. Vetropack-Generatoren kommen nun an einem nahegelegenen Brunnen zum Einsatz, damit die Zurückgebliebenen Wasser haben. Ein anderer Generator wird für den Betrieb eines Mobilfunk-Masts eingesetzt. «Diese Aktionen haben unsere Mitarbeitenden unter Einsatz ihres Lebens geleistet. Das ist unglaublich», sagt Zak. Auch einige Kader-Angestellte sind noch vor Ort. Sie wurden von der Firma mit Satellitentelefonen ausgestattet.

Ihren Lohn erhalten die ukrainischen Vetropack-Mitarbeitenden weiterhin. Der Ausfall des Werks sei wirtschaftlich verkraftbar. Problematisch sei viel mehr der Zustand der Mitarbeitenden, so Zak: «Selbst wenn sie zurückkommen können und nicht ihr Leben verloren haben, sind ihre Häuser zerstört. Viele dürften unter grossem psychischen Stress stehen.» An Weiterarbeiten ist noch lange nicht zu denken – selbst wenn der Krieg unverhofft enden sollte. (sfa)

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