Wie weiter im Verkehrschaos? Ökonom fordert radikalen Ansatz
Autofahren immer günstiger – ÖV-Preise gehen gerade durch die Decke

ÖV wird immer teurer, das Autofahren wieder billiger: Die Preisschere schiesst an den Zielen des Bundesrats vorbei. Der Preisüberwacher fordert billigere Zugtickets, ein Ökonom einen ganz anderen Ansatz. Wie gehts weiter im Verkehrschaos?
Publiziert: 06.09.2024 um 01:12 Uhr
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Aktualisiert: 06.09.2024 um 08:40 Uhr

Kurz zusammengefasst

  • Seit 1990 haben sich ÖV-Preise auf manchen Strecken verdoppelt
  • Autofahren wird günstiger
  • Preisschere widerspricht den Zielen des Bundesrats
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Robin WegmüllerRedaktor Wirtschaft

Der Preisüberwacher bestätigt, was viele Pendlerinnen und Pendler schon länger erfahren müssen. Die Tarife im ÖV kannten in den letzten Jahren nur eine Richtung: nach oben. Seit 1990 haben sich die Preise auf einigen Streckenabschnitten mehr als verdoppelt! Durch die Tariferhöhung im Dezember 2023 ist das Preisniveau allein im letzten Jahr nochmals um mehr als 3,6 Prozent gestiegen.

Demgegenüber steht die Kostenentwicklung des Autofahrens. Sinkende Treibstoffpreise und niedrigere Anschaffungskosten drücken die Kosten im Strassenverkehr schon länger nach unten. Die Preisentwicklung verläuft sogar unter dem Inflationstrend. Das heisst also: Autofahren wird tatsächlich immer günstiger! Auch im letzten Jahr sind die Kosten nochmals gefallen.

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Der Bund schiesst am Ziel vorbei

Die Preisschere klafft also immer weiter auseinander. Das geht allerdings so gar nicht mit den Zielen des Bundesrats überein. Schon seit längerer Zeit ist das Bestreben klar: Der Umwelt zuliebe sollen in Zukunft über 40 Prozent des Personenverkehrs mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegt werden.

Die Preisentwicklung des Autoverkehrs bewegt sich unter der Inflationslinie.
Foto: Keystone
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Zurzeit nutzen wir zu gut 20 Prozent Zug, Bus oder Tram. Offensichtlich, dass die Billettpreise ein wesentliches Kriterium bei der Wahl des Verkehrsmittels sind. In den Augen des Preisüberwachers kommt die Entwicklung der Preise im ÖV-Bereich einer «Entgleisung» gleich. Eine Veränderung sei zwingend.

Noch grössere Differenzen?

Der marktliberale Ökonom Reiner Eichenberger (63) stellt sogar eine noch grössere Kluft in der Preisentwicklung in Aussicht: «Wenn man die Qualitätsentwicklung richtig berücksichtigen würde, ginge die Schere zwischen Auto und ÖV noch stärker auf.»

Er bezieht sich auf die technische Entwicklung der beiden Verkehrsmittel. Diese sei beim Auto phänomenal. Die Autopreise pro PS, pro Innenraumvolumen oder allgemein gesagt pro Kilogramm sinken sehr schnell. Bei den SBB sei das nicht der Fall. «Ein illustratives Beispiel ist der FV-Dosto, der neue Schüttelzug für den Fernverkehr», meint Eichenberger. «Er bietet den Kunden skandalös schlechte Qualität und verursacht den SBB sehr hohe Kosten – die schlussendlich von den Kunden und Steuerzahlern getragen werden müssen.»

Eine andere Sichtweise

Unter anderem darum findet der Ökonom: «Das heisst nicht, dass der ÖV schlecht ist. Es ist aber wie bei einem Bentley. Es ist eine tolle Sache für die Nutzer, aber das ist kein Grund dafür, dass andere dafür bezahlen müssen.» Von höheren ÖV-Subventionen und billigeren Tickets hält er darum nichts. «Jeder Verkehr sollte seine eigenen Kosten selbst tragen.»

Das würde heissen, dass die Pendlerin die Umwelt-, Lärm- und insbesondere Subventionskosten des ÖV selbst bezahlen müsste. Der Autofahrer würde hingegen die Umwelt-, Lärm- und Unfallkosten des Strassenverkehrs übernehmen. Die Folge? «Dadurch würden alle Verkehrsträger effizienter», so der Ökonom. Was das für genaue Auswirkungen auf die Preise hätte, ist unklar.

Egal welcher Ansatz – im Hinblick auf die steigenden Ticketpreise muss etwas geschehen. Denn kostet der Zug weiterhin so viel mehr wie der Strassenverkehr, ist eine Umschichtung auf den ÖV schlicht unrealistisch.

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