Erste Fahrt im neuen Honda Civic
Der stromert per Benziner

Dank etwas anderem Hybridantrieb spurtet der neue Honda Civic los wie ein Elektroauto, schaltet hoch wie ein Benziner, aber muss nie an die Steckdose. Leider vorbei ists mit dem magischen Sitz-Trick.
Publiziert: 28.06.2022 um 11:02 Uhr
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Aktualisiert: 01.07.2022 um 10:49 Uhr
Andreas Faust

Welcher Antrieb darfs denn sein beim neuen Auto – Benziner, Diesel, Hybrid oder Plug-in? Oder lieber doch einen rein elektrischen? Eine ziemlich komplexe Entscheidung. Man muss abwägen zwischen Budget und Betriebskosten, dem eigenen Nutzungsverhalten und dem ökologischen Anspruch. Honda nimmt beim neuen Civic der Kundschaft die Entscheidung ab: Den gibts nur noch mit einem einzigen Antrieb namens e:HEV.

Wie bitte? HEV steht für Hybrid Electric Vehicle – ein Auto mit Hybridantrieb. Aber was soll dann das zusätzliche e? «Wir denken den Hybridantrieb vom Elektromotor her», sagt Kotaro Yamamoto, der für Hondas europäische Entwicklungsabteilung arbeitet. Bei den meisten Hybridautos werde ein Verbrenner nachträglich mit einem E-Motor hybridisiert – bei Honda treibt allermeist der Elektromotor an, während der Verbrenner die Stromproduktion übernimmt.

Fahren mit Strom vom Benziner

Dieses Antriebskonzept gibts schon im Kompaktwagen Jazz und im SUV HR-V – für den Civic wurde es komplett umgekrempelt und auf mehr Drive gebügelt: Der E-Motor an der Vorderachse leistet neu 184 PS (135 kW); den Strom liefert ein 143-PS-Benziner mit zwei Litern Hubraum über einen eigenen Generator. Tritt man das Gaspedal voll durch, wirft sich per einstufigem Getriebe der Benziner mit ins Zeug, statt nur Strom zu produzieren. Den E-Motor versorgt dann kurzzeitig eine Lithium-Ionen-Pufferbatterie, die beim Bremsen per Rekuperation wieder gefüllt wird. Letztere lässt sich per Paddle am Lenkrad variieren.

Der stromert per Benziner: Hondas elfte Generation kommt mit nur noch einem Antrieb – dem sogenannten e:HEV.
Foto: Zvg
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Honda Civic e:HEV

Antrieb Hybridantrieb, 2,0-l-R4-Benziner 143 PS (105 kW) und E-Motor 184 PS (135 kW), max. Drehmoment 315 Nm@1min, einstufiges Automatikgetriebe, Frontantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 7,8 s, Spitze 180 km/h (abgeregelt)
Masse L/B/H 4,55/1,80/1,41 m, ab 1517 kg, Kofferraum 410–1220 Liter
Umwelt WLTP 4,7 l/100 km = 108 g/km CO₂, Energieeffizienz k.A.
Preise ab 35'990 Franken

Antrieb Hybridantrieb, 2,0-l-R4-Benziner 143 PS (105 kW) und E-Motor 184 PS (135 kW), max. Drehmoment 315 Nm@1min, einstufiges Automatikgetriebe, Frontantrieb
Fahrleistungen 0 bis 100 km/h in 7,8 s, Spitze 180 km/h (abgeregelt)
Masse L/B/H 4,55/1,80/1,41 m, ab 1517 kg, Kofferraum 410–1220 Liter
Umwelt WLTP 4,7 l/100 km = 108 g/km CO₂, Energieeffizienz k.A.
Preise ab 35'990 Franken

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Tönt kompliziert, fährt sich aber fast wie ein Elektroauto – deshalb sei ein Antrieb für alle die beste Lösung, sagt Yamamoto: «Mehr Leistung als ein Benziner, mehr Drehmoment als ein Diesel.» Der e:HEV-Antrieb toppe alle Antriebsvarianten des bisherigen Civic. Was auch an neuen Ideen gegenüber den Antrieben von Jazz und HR-V liegt. Das Navi guckt voraus auf die Route und beeinflusst das Betriebsprogramm: Statt beim Bremsen vor der Kurve den Verbrenner abzustellen, bleibt er parat fürs Hinausbeschleunigen. Und statt aufheulend dem E-Motor beizuspringen, wird stufenweises Hochschalten auch akustisch simuliert. Klingt cool und lässt den Antrieb direkt ansprechen. Und was bringts beim Verbrauch? Theoretisch 4,7 l/100 km, auf der Testrunde rund um Madrid warens knapp fünf Liter.

Schade nur, dass Honda die elfte Civic-Generation so konventionell als Schrägheck-Limousine verpackt. Frühere Generationen schockten mit Keilform, Heckspoilern und schmalen Scheinwerferschlitzen – jetzt tut das harmonische Design niemandem mehr weh, weils vom US-amerikanischen Pasadena bis ins chinesische Peking gefallen soll. Dafür macht das Interieur einen Riesensprung, wirkt edel und harmonisch. Ein Wabengitter verdeckt die Lüftungsdüsen, die nicht mehr voll in die Fahreraugen pusten, sondern sanft in breitestmöglichem Winkel. Die Instrumente informieren virtuell, Assistenten gibts zuhauf inklusive Spur- und Abstandshalter im Stau und statt Wählhebel genügen Tasten für die Fahrtrichtung.

Schluss mit der Sitz-Magie

Im Fond gibts mehr Platz als sonst in der Kompaktklasse, trotz flachem Dach bleibt genug Kopffreiheit und die sich ganz leicht anfühlenden Türen schliessen satt. Beim Kofferraum mit 410 bis 1220 Litern Ladevolumen fährt der Civic aber nicht ganz vorne mit. Und wer eine seiner letzten Generationen fuhr, wird die Magic Seats vermissen: Vorbei ists mit den Kinosesseln im Fond, deren Sitzfläche man hochklappen konnte, um zum Beispiel Topfpflanzen zu zügeln. Warum? «Wir mussten neu die Sitzflächen fest montieren – denn drunter steckt die Batterie», sagt Yamamoto.

Los gehts mit dem neuen Civic bei uns im Oktober; die Preise starten bei 35'990 Franken. Allerdings bleibts dann doch nicht bei dem einen Antrieb für alle, so Yamamoto: Ende Jahr wird die neue Generation des Civic-Spoilermonsters Type R enthüllt, die dann im Januar 2023 starten soll. Kaum zu erwarten, dass sie bei nur 184 Elektro-PS bleiben wird.

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