Neue Nobel-Marke Genesis startet in Zürich
So will Hyundai Audi und Co. ärgern

Hyundai wagt den nächsten Schritt: Mit dem Luxus-Ableger Genesis will die Marke künftig der etablierten Konkurrenz vor allem mit Rundum-Service den sogenannten Premium-Markt streitig machen.
Publiziert: 16.05.2021 um 16:14 Uhr
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Aktualisiert: 16.05.2021 um 16:16 Uhr
Andreas Faust

Genesis? Das ist diese Band, bei der Phil Collins gesungen hat, oder? Noch kennt kaum jemand in Europa die neue Nobelmarke, mit der Hyundai künftig Marken wie Audi, BMW oder Mercedes Kunden abjagen will. Doch in den USA und Asien ist sie längst präsent – und noch dieses Jahr kommt sie auch in die Schweiz: Zürich wird neben London und München zu einem der ersten drei europäischen Standorte.

Dabei wollte Genesis längst bei uns angekommen sein. Anfang 2019 – dieses Ziel gab 2018 Ex-CEO Manfred Fitzgerald für den Europastart aus. Die Zeit sei «reif für Luxus aus Südkorea». Doch Fitzgerald ist längst weg, Corona verzögerte den Start – und ausserdem wollte Genesis-Chefdesigner Luc Donckerwolke die Modelle noch auf den Geschmack der angepeilten Kundschaft in Europa bürsten.

Luxus und Leistung

Der Belgier stylte einst Seat zur hübschesten VW-Tochter und feilte Lamborghini keilförmig zu. Ganz so radikal ging er bei Genesis nicht zur Sache: Doppellinien in Scheinwerfern und Heckleuchten werden längs über die ganze Karosserie mit Blechfalzen verbunden. Dazu XL-Frontgrill und ein eingezogenes Heck, bei dem man an Bentley denken muss – fertig ist der Luxus-Look aus Korea. Eigenständig, aber leider längst nicht so radikal zugespitzt wie die Concept Cars von Genesis. Beim Essentia Concept von 2018 oder dem im März in Los Angeles (USA) enthüllten X Concept hielt man deutlich mehr den Atem an.

So will Hyundai Audi und Co. ärgern: Noch 2021 will die Nobelmarke Genesis mit den Modellen GV80 (l.) und G80 (r.) in Europa durchstarten.
Foto: Zvg
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Zum Europastart kommen zwei Modelle: Die Limousine G80 im Format der Mercedes E-Klasse und der SUV GV80 à la BMW X5. Beiden gemeinsam sind die Antriebe, Vierzylinder-Benziner mit 249 oder 304 PS, ein V6-Benziner mit 380 PS und – erstaunlich – ein Turbodiesel mit 210 PS. Serienmässig gibts Hinterradantrieb, Allrad ist optional. Die Fahrwerke werden für die Europa-Exemplare im Hyundai-Testcenter Rüsselsheim (D) auf den hiesigen Geschmack abgestimmt. Im Interieur gehts konservativ gediegen zu – abgesehen vom extravaganten Lenkrad. Die «Schönheit des weissen Raumes» nennt Donckerwolke das Konzept: Komfort, ohne den Kunden mit übertriebenem Luxus zu überfordern.

Komplette Modellpalette geplant

Wenig revolutionär – und auch nicht elektrifiziert. Aber Europa-CEO Dominique Boesch plant noch für dieses Jahr einen vollelektrischen G80 mit Allrad und 370 PS dank zweier E-Motoren. Innerhalb der ersten zwölf Monate sollen zwei weitere Elektro-Modelle folgen. Später werden dann die Mittelklasse-Modelle G70 (Limousine) und GV70 (SUV) gegen Audi A4/Q5, BMW 3er/X3 oder Mercedes C-Klasse/GLC positioniert. Und auch das Luxusklasse-Modell G90 dürfte früher oder später aus Südkorea zu uns rollen.

Wie ernst es Genesis meint, zeigt auch die Shooting-Brake-Version des G70, die ebenfalls für 2021/2022 angekündigt ist. Sie soll das in Europa trotz SUV-Boom noch immer wichtige Kombi-Segment abdecken und entspricht in den Aussenabmessungen der 4,69 Meter langen Limousine, bietet aber rund 40 Prozent mehr Ladevolumen und eine im Verhältnis 40:20:40 umklappbare Rücksitzlehne. Viel Entwicklungsaufwand, dabei lässt sich diese Karosserievariante in den USA oder Asien kaum an die Frau bringen.

Und wie stehts um die Erfolgsaussichten? Genesis muss sich von europäischen Marken unterscheiden, sonst wirds schwierig. Wie schwierig, das mussten die Verantwortlichen bei japanischen Edelmarken schon erfahren. Toyota-Tochter Lexus hat zwar eine eingeschworene Fangemeinde, aber bleibt unstetig bei den Verkaufszahlen. Nissans Nobelmarke Infiniti hat in Europa trotz Kooperation mit Mercedes längst wieder aufgegeben und der Honda-Ableger Acura hats erst gar nicht in Europa versucht – so übermächtig scheint die vor allem deutsche Konkurrenz hierzulande.

Service soll der Schlüssel sein

Europa-Chef Boesch setzt deshalb auf eine typisch koreanische Strategie – kompletten Rundum-Service. Der Deutsche bringt Erfahrung als Leiter des Audi-Vertriebs in Frankreich, Südkorea, Japan und China mit: «Wir wollen eine frische Herangehensweise – und den direkten Kontakt zum Kunden.» Verkauft werden sollen Genesis-Modelle vor allem online. Das spart Boesch auch den langwierigen Aufbau eines Händlernetzes. Die Marke sollen Kunden in sogenannten Studios erleben; abgeschlossenen Schauräumen in bester Citylage. Pro Land muss eines genügen: In UK, Deutschland und der Schweiz sind das die Standorte London, München und Zürich.

Zusätzlich teilt Genesis jedem Kunden seinen individuellen Genesis-Assistenten zu, der sich um alles kümmert – vom Kauf des Autos über Service, Transfer des Autos zur Werkstatt, Pneuwechsel und den Verkauf von Zubehör und digitalen Services per Genesis-App. Bisher gibts nur zwei Marken mit diesem Ansatz – Rolls-Royce und die Mercedes-Tochter Maybach.

Der Onlinevertrieb bedeutet aber auch: Fixe Preise für alle Modelle – kein Geschacher um zusätzliche Winterpneus oder Rabatte. Noch stehen die Preise für G80 und GV80 allerdings nicht fest. Audi, BMW und Mercedes dürften sie aber wohl unterbieten.

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