Nissan: Elektrifizierung statt Rückzug aus Europa
Nissan gibt in Europa wieder Vollgas

Nach dem Elektro-Pionier Leaf schien sich Nissan zur Ruhe gelegt zu haben. Aber vor allem bremsten den japanischen Autobauer Verluste, Sparprogramme und Corona aus. Jetzt kommt er zurück – so elektrisch wie nie.
Publiziert: 27.03.2022 um 04:39 Uhr
Andreas Faust

Draussen ists finster, aber drinnen herrscht Aufbruchstimmung. Am Jarama-Racetrack nahe Madrid verdunkelt heute Saharastaub die Sonne. Doch Nissan-Produktstrategin Cliodna Lyons versprüht puren Optimismus: «Wir wissen, was die Kunden in Europa wollen – und wir werden ihnen die passenden Produkte liefern.» Ihre Marke werde den Markt umkrempeln, und zwar schnell: Ab 2023 werde jedes neue Modell rein elektrisch oder elektrifiziert sein; 2026 werde sie 75 Prozent reine E-Autos verkaufen und spätestens 2030 100 Prozent.

Noch vor zwei Jahren tönte es bei Nissan und den Allianzpartnern Renault und Mitsubishi eher nach Finsternis. Massive Verluste von bis zu 89 Prozent (Mitsubishi) drückten aufs Gemüt, die Affäre um den unter Untreue-Verdacht stehenden Ex-CEO Carlos Ghosn entzweite die seit 1999 verbandelten Renault und Nissan, und das dringend nötige Sparprogramm liess gar Nissans Rückzug aus Europa vermuten. Und dann kamen noch die Corona-Pandemie, Lieferprobleme bei Halbleitern und jetzt der Ukraine-Krieg.

Meine Technik, deine Technik

«Wir hatten einige harte Jahre», gibt Lyons zu. Aber Nissan habe dabei nie aufgehört, für eine bessere Zukunft zu planen, und könne jetzt von der schöpferischen Pause profitieren. Auch wenn es von aussen eher aussah, als hätte sich die Marke auf ihrem Elektro-Pioniermodell Leaf ausgeruht, statt mit neuen Modellen nachzulegen. Gespart werden muss natürlich – bis zu 80 Prozent Gleichteile sollen die Modelle von Renault und Nissan künftig aufweisen. Wird das Logo zum einzigen Unterschied?

Kein Abbremsen in Europa: Nissan plant mit neuen Modellen und Elektrifizierung (v. l. n. r. Nissan Leaf, Juke, Qashqai, Ariya, Townstar).
Foto: Sebastien Mauroy
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Scheint so: Nissans kommender Hochdach-Kombi Townstar soll den bisherigen Elektro-Kleinbus NV200 als Liefer- und «Büezerwagen» ablösen – und ist faktisch ein umgelabelter Elektro-Kangoo von Renault. Aber Lyons wiegelt ab: «Beide Marken werden künftig selbst ihre Kundschaft definieren, die passenden Modelle konzipieren und eigene Schwerpunkte setzen.» Logisch, bei der Technik werde man zusammenarbeiten, aber Nissan werde abweichen, wo man es für sinnvoll halte. Beispiel: Der City-SUV Juke erhält dieses Jahr eine neue Hybrid-Variante aus einem 95-PS-Turbobenziner und einem 50 PS starken E-Motor. Das verbindende Getriebe stecke auch im Renault Clio Hybrid, aber der Dreizylinder mit 1,2 Litern Hubraum sei von Nissan. Wohl der letzte neue Benziner der Marke für Europa – die Verbrenner-Entwicklung werde jetzt eingestellt.

Nissan kommt jetzt von Astara

Einst residierte Nissan Europe in Rolle VD – das ist lange vorbei. Seit Februar werden Nissan-Modelle bei uns von Astara importiert. Dahinter stecken das spanische Familienunternehmen Bergé und ein chilenischer Investor. In Südamerika längst eine grosse Nummer hat sich Bergé zuletzt auch in Skandinavien eine europäische Dependance aufgebaut und vertreibt neu in der Schweiz auch Hyundai und die ehemaligen Fiat-Konzernmarken (jetzt Stellantis). Mit der belgischen Alcopa arbeitet Bergé im Import von Ssangyong, Aiways und der chinesischen Nutzfahrzeug-Marke Maxus zusammen. Hinter Amag und Emil Frey ist das Unternehmen jetzt die Nummer drei in der Schweiz mit über zehn Prozent Marktanteil.

Einst residierte Nissan Europe in Rolle VD – das ist lange vorbei. Seit Februar werden Nissan-Modelle bei uns von Astara importiert. Dahinter stecken das spanische Familienunternehmen Bergé und ein chilenischer Investor. In Südamerika längst eine grosse Nummer hat sich Bergé zuletzt auch in Skandinavien eine europäische Dependance aufgebaut und vertreibt neu in der Schweiz auch Hyundai und die ehemaligen Fiat-Konzernmarken (jetzt Stellantis). Mit der belgischen Alcopa arbeitet Bergé im Import von Ssangyong, Aiways und der chinesischen Nutzfahrzeug-Marke Maxus zusammen. Hinter Amag und Emil Frey ist das Unternehmen jetzt die Nummer drei in der Schweiz mit über zehn Prozent Marktanteil.

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Elektroauto ohne Stecker?

Eigensinnig und eigenständig wirds dagegen beim im Sommer startenden Qashqai E-Power. «Ein Elektroauto ohne Stecker. Genau das Richtige für Laternenparker ohne Möglichkeit zum Nachladen», sagt Lyons. Ein 156 PS starker Benziner liefert per Generator nur den Strom für einen 190-PS-Elektromotor, der allein für den Vortrieb sorgt. Mit teurem Sprit und miesem Wirkungsgrad von unter 25 Prozent Strom erzeugen – das tönt absurd. Aber der Verbrenner lässt sich so in einem schmalen Drehzahlbereich mit optimaler Verbrennung betreiben; muss nicht beim Beschleunigen verbrauchstreibend hochdrehen. Und die Leistungsdifferenz? Die gleicht eine kleine Pufferbatterie aus, die schnell Strom aufnehmen und abgeben kann. Statt nur einem Viertel würden so knapp 42 Prozent des Energiegehalts im Sprit ausgenutzt, sagt Lyons. Und für die nächste Generation des Offroaders X-Trail werde es das System auch mit 4x4 geben.

Probefahrt auf der gelb überzuckerten Rennstrecke. Im Stand brummelt der Benziner vor sich hin, aber beim Anfahren dominiert der E-Motor. Auf der Piste sind Tempolimite, Kreisel, Abzweigungen abgesteckt, um Stadt, Land und Autobahn zu simulieren – hier gehts nicht um Tempo, sondern ums Wechselspiel der Motoren. Bis Tempo 30 surrt der Qashqai E-Power elektrisch, bei Tempo 70 brummelt der Benziner vernehmbar mit. Beim Spurt auf Autobahntempo ist dann aber vorbei mit Lyons prognostizierter «Stille wie im E-Auto» – der Benziner legt sich lautstark ins Zeug. Und was bringts? Noch ist der E-Power-Antrieb nicht homologiert, aber Lyons rechnet mit einem Normverbrauch von knapp fünf Litern auf 100 Kilometern. Wäre wenig für solch ein SUV. Aber für eine Einschätzung im Alltag brauchts einen echten Test.

Prunkstück Ariya

Prunkstück im Programm wird aber der im Juli startende Ariya, ein Elektro-Crossover mit komplett neuer Technik. Die kommt von Partner Renault, der künftig bei Elektro den Ton angeben will? «Ich weiss ja nicht, was Renault sagt, aber: Die neue Elektro-Plattform kommt von uns», grinst Lyons. Vier Versionen zwischen 218 und 394 PS mit Front- oder Allradantrieb und zwei Batteriegrössen sind angekündigt, Preise stehen aber noch nicht fest. Vor allem der Allrad soll Massstäbe setzen: Je ein Motor arbeitet pro Achse, aber über die elektronische Stabilitätskontrolle soll sich jedes Rad einzeln ansteuern lassen. Mit einem doppelt motorisierten Nissan Leaf lässt sich das auf sandverschmiertem Parcours schon ausprobieren: Hinterachse aus – quer rutscht der Leaf aus der Kurve. Mit eingeschaltetem Heckmotor bleibt er problemlos in der Spur.

Vom Tisch sind bei Nissan auch Kürzungen bei der Modellpalette: Sogar der kleine Micra erhält einen kulleräugigen Nachfolger im Jöh-Design, von dem es noch nicht mehr als eine Zeichnung zu sehen gibt. Er wird auf der neuen kleinen E-Plattform der Renault-Nissan-Allianz stehen, auf der auch der elektrische Retro-R5 von Renault aufbauen wird. Und wer hat sie entwickelt? Das werden Renault und Nissan wohl noch ausdiskutieren müssen.

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Einst residierte Nissan Europe in Rolle VD – das ist lange vorbei. Seit Februar werden Nissan-Modelle bei uns von Astara importiert. Dahinter stecken das spanische Familienunternehmen Bergé und ein chilenischer Investor. In Südamerika längst eine grosse Nummer hat sich Bergé zuletzt auch in Skandinavien eine europäische Dependance aufgebaut und vertreibt neu in der Schweiz auch Hyundai und die ehemaligen Fiat-Konzernmarken (jetzt Stellantis). Mit der belgischen Alcopa arbeitet Bergé im Import von Ssangyong, Aiways und der chinesischen Nutzfahrzeug-Marke Maxus zusammen. Hinter Amag und Emil Frey ist das Unternehmen jetzt die Nummer drei in der Schweiz mit über zehn Prozent Marktanteil.

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