Verbrenner wieder wichtiger
Mercedes-Benz überdenkt seine Stromer-Strategie

Ab 2030 nur noch Elektroantriebe – so wollte Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius seine Marke in die Zukunft führen. Doch weil die Verkäufe harzen, steuert er nun wieder um und lässt dem Verbrenner ein längeres Leben.
Publiziert: 09.07.2024 um 11:02 Uhr
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Andreas FaustLeitung Auto & Mobilität

Die Pläne waren ambitioniert. Ab 2030 wollte Mercedes-Benz nur noch rein elektrische Fahrzeuge verkaufen – also fünf Jahre vor dem voraussichtlichen Inkrafttreten des Verbrennerverbots der Europäischen Union (EU). Für CEO Ola Källenius (55) gehörte der Verbrennerverzicht unabdingbar zur Luxusstrategie seines Konzerns. Schluss mit margenschwachen kleinen Modellen – Mercedes sollte wieder im Luxushimmel positioniert werden.

Doch die seit 2021 eingeführten Nobelstromer EQE und EQS samt ihren SUV-Versionen verkaufen sich weltweit nicht so wie erhofft. In der Schweiz griffen beispielsweise zuletzt doppelt so viele Kundinnen zur klassischen E-Klasse, statt zum gleich positionierten Elektromodell EQE. Deshalb steuert Källenius nun um: Bis 2030 rechnet er nur noch mit 50 Prozent Elektro-Anteil – den Rest sollen High-Tech-Verbrenner mit zusätzlichen Elektromotoren, also Plug-in-Hybride, ausmachen.

Letztere sollen bis «tief in die 2030er-Jahre» relevant bleiben und dafür weiterentwickelt werden, wie Källenius der «Wirtschaftswoche» sagte. Ohne die Verbrenner-Updates wäre das Benziner- und Dieselgeschäft wegen dann neu geltenden Abgasgrenzwerten in drei Jahren schlagartig am Ende.

Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius (55) justiert die Antriebsstrategie seines Unternehmens bei Verbrennungs- und Elektromotoren nach.
Foto: Mercedes-Benz AG
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Neue Kompakte können auch noch Verbrenner

Das Geld dafür wird offenbar bei den Stromern eingespart. Eine eigene E-Plattform für grosse Modelle kommt nun doch nicht. Damit dürften auch Innovationen wie in der Karosseriestruktur verteilte Batteriezellen für mehr Reichweite und eine neue Generation von Elektromotoren gestrichen sein. Stattdessen sollen die nächsten grösseren Elektromodelle auf der bisherigen Elektroplattform, aber dann mit 800 Volt-Technologie aufbauen. Deren Wiederverwendung hilft auch beim Kostensparen.

Für die im letzten Herbst präsentierte Elektroplattform der kleineren Modelle, die mit dem nächsten CLA starten soll, ändert sich dagegen nichts. Zumal sie auch klassische Verbrennerantriebe tragen kann. Und auch an eigenen Batteriezellfabriken will Källenius festhalten. Allerdings stoppte der chinesische Batteriepartner ACC neulich die Pläne für ein Werk in Kaiserslautern (D): Die geplanten Zellen seien veraltet – zuerst müsse man auf neue Lithium-Eisenphosphat-Zellen umstellen, die schneller laden und zudem günstiger sind.

Was bedeutet das Verbrennerverbot?

In seiner Sitzung vom 28. und 29. Juni 2023 hat der Art der Umweltminister der Europäischen Union (EU) abschliessend ein Verbrennerverbot ab 2035 beschlossen. Diese Entscheidung sieht vor:

  • Ab 1. Januar 2035 dürfen Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren nicht mehr neu eingelöst werden. Das betrifft auch Fahrzeuge mit Hybridantrieb, also einer Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor.
  • Der Handel und die Einlösung von Occasionsautos mit Benziner oder Dieselmotor ist weiterhin möglich. Auch Bestandsfahrzeuge sind ausgenommen und dürfen weiterhin gefahren werden.
  • Noch gibt es keinen Zeitpunkt für ein vollständiges Verbot von Benzin- und Dieselmotoren auch bei Bestandsfahrzeugen.
  • Auch Motorräder und Lastwagen sind vom Verbot ausgenommen.
  • Eine Ausnahme vom Verbrennerverbot könnte bilanziell CO₂-neutraler synthetischer Sprit (sogenannten E-Fuels) sein. Doch zur Umsetzung der Zulassung solcher Autos gibt es noch keinen Vorschlag.

Auch wenn die Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird dieses Verbrennerverbot faktisch auch bei uns gelten. Denn neu eingelöste Autos müssen bei uns den Vorschriften der EU-Typgenehmigungen entsprechen – und die sehen ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr vor.

In seiner Sitzung vom 28. und 29. Juni 2023 hat der Art der Umweltminister der Europäischen Union (EU) abschliessend ein Verbrennerverbot ab 2035 beschlossen. Diese Entscheidung sieht vor:

  • Ab 1. Januar 2035 dürfen Personenwagen und leichte Nutzfahrzeuge mit fossil betriebenen Verbrennungsmotoren nicht mehr neu eingelöst werden. Das betrifft auch Fahrzeuge mit Hybridantrieb, also einer Kombination von Elektro- und Verbrennungsmotor.
  • Der Handel und die Einlösung von Occasionsautos mit Benziner oder Dieselmotor ist weiterhin möglich. Auch Bestandsfahrzeuge sind ausgenommen und dürfen weiterhin gefahren werden.
  • Noch gibt es keinen Zeitpunkt für ein vollständiges Verbot von Benzin- und Dieselmotoren auch bei Bestandsfahrzeugen.
  • Auch Motorräder und Lastwagen sind vom Verbot ausgenommen.
  • Eine Ausnahme vom Verbrennerverbot könnte bilanziell CO₂-neutraler synthetischer Sprit (sogenannten E-Fuels) sein. Doch zur Umsetzung der Zulassung solcher Autos gibt es noch keinen Vorschlag.

Auch wenn die Schweiz kein EU-Mitglied ist, wird dieses Verbrennerverbot faktisch auch bei uns gelten. Denn neu eingelöste Autos müssen bei uns den Vorschriften der EU-Typgenehmigungen entsprechen – und die sehen ab 2035 keine neuen Verbrenner mehr vor.

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Kein Zeitpunkt für Verbrenner-Aus

Bis sie zum Laufen kommen, geniesst der Verbrenner bei Mercedes-Benz noch Gnadenfrist: «Den Zeitpunkt für den letzten Verbrenner kennen wir schlichtweg nicht», sagte Källenius der «Zeit». Erst recht nicht vor dem Hintergrund, dass das eigentlich schon beschlossene Verbrennerverbot in der EU sicher nochmals diskutiert werden wird. Auch der Konkurrent BMW setzt auf Technologieoffenheit, forscht gar weiter an Wasserstoffantrieben und mag sich noch auf kein Ende des Verbrenners festlegen.

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