Zu Besuch bei Bernard Antony
Der Diener des Käses

Mit Käse ist es wie mit Kindern – sagt er. «Gemacht sind sie schnell, aber die Erziehung ist das Schwere. Das erfordert Zeit, Geduld und vor allem Liebe.» Bernard Antony muss viel Liebe für seine Käse empfinden. Schliesslich zählt der «Käseflüsterer vom Elsass» zu den besten Affineuren der Welt.
Publiziert: 18.03.2016 um 14:58 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 04:50 Uhr
Anja Hanke

Ob flach oder rund, weich oder hart, mild oder würzig – Bernard Antony will keinen bevorzugen. «Für jede Stimmung gibts den richtigen Käse. Nach einem reichhaltigen Menü mag ich nur noch einen Ziegenkäse mit einem leichten Riesling. Und wenn ich es mir gemütlich mache, einen Stilton und ein Glas Port. Das ist einfach herrlich», sagt der Affineur mit diesem charmant-französischen Akzent in der Stimme.

«Doch wenn Sie mich fragen, was mich so an Käse fasziniert – ich weiss es nicht. Was fasziniert einen Mann an einer Frau? Käse ist eben ein aussergewöhnliches Produkt und ein Geschenk der Erde.» Ein Geschenk, das sehr harmonisch mit Wein begleitet werden kann. Das Wein-Magazin Wein.com hat einige besonders empfehlenswerte Duettpartner genauer beleuchtet.

Die Geschichte von Bernard Antony und seinem Käse beginnt Ende der 70er-Jahre. «Ich war ein fahrender Warenhändler.» Mit dem Auto von Dorf zu Dorf, von Tür zu Tür. So war es damals üblich. «Ich verkaufte alles. Vom Turnschuh bis zum Gemüse, von der Tafel Schokolade bis zum Büstenhalter», lächelt er kokett.

Käsespezialist Bernard Antony (l.) gibt sein Wissen an Sohn Jean-François weiter.
Foto: Antony Eleveurs de fromages

Der Weg zur Leidenschaft

Auf einer seiner Fahrten lernte er seinen Meister Pierre Androuët kennen. «Der riet mir: ‹Denk langfristig. Wenn die Supermärkte kommen, was machst du dann? Mach Käse. Ich zeig dir wie.›» Und so war es. Bernard Antony lernte, wie man Käse «macht» und eröffnete 1979 in seinem Elternhaus im elsässischen Vieux-Ferret seinen Sundgäuer Chäschaller.

Bald kamen die ersten Kunden. Kunden wie Alain Ducasse («Er war der Erste»), Harald Wohlfahrt, Pierre Gagnaire, Philippe Rochat. Und dann auch deren Schüler: Christian Bau, Sven Eversfeld, Martin Fauster. «Wir haben nicht viele Kunden», meint Antony. «Nur 19 Drei-Sterneköche, 27 Zwei-Sterneköche und einige Ein-Sterneköche.» In diesen illustren Kreis reihen sich Adelige, Staatspräsidenten, Botschafter und Connaisseure rund um den Globus ein.

Da wundert es kaum, dass die Wände in seinem Chäschaller einer Art «Hall of Fame» gleichen: Weihnachtsgrüsse von Fürst Albert von Monaco, ein Dankesschreiben von Queen Elizabeth II. und Briefe von seiner Hoheit Kronprinz Otto von Habsburg, für den Antony zu Lebzeiten gleich mehrere Büffets ausrichtete.

Das Telefon klingelt. Ein Anruf aus Tokio. «Der Käse ist angekommen», freut sich Maître Antony. Gestern erst hatte er ihn auf die Post gebracht. «Von hier geht der Käse in Spezialverpackungen nach Paris und dann mit dem nächsten Flugzeug in die Welt.» Hongkong, Tokio, Macau, den Libanon, die USA ... «Ich brauche die ganze Welt, um existieren zu können – und Käse so zu machen, wie ich will.»

Doch wie genau macht Bernard Antony denn seinen Käse? «Hm», meint er wieder mit diesem charmanten Lächeln, das vieles verrät und doch alles verbirgt. «Das ist ja das Geheimnis. Es ist wie im Schlafzimmer, da spricht man auch nicht darüber, was unter der Bettdecke passiert. Non?!»

Vom Rohstoff zum edlen Käse

Nur so viel: Man braucht als Allererstes ein feines Händchen bei der Auswahl seiner «Freunde», wie der 74-Jährige seine Käseproduzenten liebevoll nennt. Diese sind ebenso handverlesen wie seine Kunden. Antony bereiste mehrfach die ländlichen Gebiete Frankreichs und fand kleine Käseproduzenten – die besten ihrer Region. Mit vielen von ihnen arbeitet er seit mehr als 30 Jahren zusammen, denn sie teilen seine Qualitätsvorstellungen, wissen um die Wichtigkeit der richtigen Kräuter-Gräser-Mischung und der traditionellen Handarbeit.

Kein Verbrechen am guten Geschmack

Auch Bier kann Käse wunderbar begleiten. Mehr dazu und nützliche Tipps von der Expertin Susanne Hofmann auf Feinschmecker.com.

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Werke des Meisters – Impressionen aus der Reifekammer Antonys.
Foto: Alexander Hänsel Congress Centre

Sehr jung kommen die Käse zum ihm – seine Kinder. «Die Hartkäse sind gerade einmal 14 Tage alt.» Sanft bettet der «Käse-Papa» seine Schützlinge nun in einem seiner sieben streng geheimen Reifekeller, die er über Frankreich und die Schweiz verteilt hat. Jeder Keller mit einer anderen Lage, anderen Temperaturen, anderen klimatischen Besonderheiten. «Und dann warten wir, bis sie gut sind», schmunzelt Antony erneut geheimnisvoll. «Ganz einfach!»

Naja, so einfach wird es wohl nicht sein. Schliesslich beherrscht Antony, wie kaum ein anderer, die Kunst, Käse richtig zu reifen. Er verrät nur: «Die wichtigsten Zutaten sind Salzwasser, mit dem die Käse immer wieder eingerieben wird, – und Zeit.» Bis zu viereinhalb Jahre reifen die Käse in seinem Keller. Bestimmt für die grossen Köche, die so viel hingebungsvolle Mühe – und Antonys Massstäbe – zu schätzen wissen. Seine oberste Regel: «Es gibt nicht immer alles zu kaufen, sondern nur das, was gerade besonders gut ist.»

Würzige Charakterstücke

Dabei hat sich der Affineur fast ausschliesslich dem Rohmilchkäse verschrieben. «Pasteurisierter Käse ist wie ein kastrierter Mann», tut er diese Entscheidung schlicht ab. «Ich will Käse, die Charakter haben.» Dennoch musste sich Antony dem Lauf der Zeit beugen. Wenn auch nur minimal. «Manche Käse dürfen heute einfach nicht mehr aus Rohmilch hergestellt werden», bedauert er. «Das ist zum Verrücktwerden.»

Doch diese eine Ausnahme bei seinen fast 150 Käsesorten macht er gern, denn sie betrifft einen ganz besonderen Vertreter: den Brillat Savarin. «Er wurde vom Vater meines Meisters kreiert. Den muss ich natürlich haben, denn er ist eine Hommage, ein Dank für all das weitergegebene Wissen», erklärt er fast ehrfürchtig.

Aber ist er nicht längst selbst zum Meister des Käses geworden? «Mais non», wirft er fast entsetzt ein. «Ich bin nur der Diener des Käses. Der Meister bleibt der Meister, den kann man nie überholen.»

Wieder läutet das Telefon. Es ist Alain Ducasse mit einer Bestellung. Die grossen Köche bestellen telefonisch? «Aber ja», meint er als es sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. «Bei uns gibt es keine E-Mails und per Fax wird nur bestellt, wenn es ganz dringend ist.» Schliesslich gehe es hierbei um seine Kinder. Dafür müsse ein persönliches Telefonat schon drin sein. «Ou non?!»

Weiter Informationen unter www.fromagerieantony.fr

Würziger Käse und Süsswein

Zu würzigem Käse darf es auch gerne mal ein Süsswein sein. Eine grosse Auswahl bietet Weinclub.com.

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