Zwei Millionen Schweizer betroffen
Rheuma ist Volkskrankheit Nummer eins

Der 12. Oktober ist der Welt-Rheuma-Tag. Fast zwei Millionen Menschen in der Schweiz leiden unter Gelenkschmerzen, Rückenschmerzen und Co. Aber was gehört überhaupt alles zu rheumatischen Erkrankungen? Und wie lassen sie sich bekämpfen?
Publiziert: 12.10.2023 um 14:50 Uhr
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Aktualisiert: 12.10.2023 um 17:16 Uhr
Moritz Lüchinger

Eines vorneweg: Rheuma ist keine einzelne Krankheit. Rheuma dient vielmehr als Sammelbegriff für über 200 schmerzhafte Erkrankungen. Diese können ganz unterschiedlicher Natur oder Herkunft sein. Auch der Verlauf oder die Schäden, die sie verursachen, sind mannigfaltig. Gemein haben sie alle, dass sie sich vor allem am Bewegungsapparat und im Binde- und Stützgewebe zeigen. Die Schmerzen treten also in den Knochen, den Gelenken oder den Weichteilen auf (Muskeln, Sehnen, Schleimbeutel usw.).

Rheumatische Erkrankungen lassen sich in den allermeisten Fällen in zwei Kategorien einteilen: entzündliches und nicht entzündliches Rheuma. Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. Und: Rheuma ist Volkskrankheit Nummer eins in der Schweiz und verursacht höhere Kosten als jede andere nicht übertragbare Krankheit.

Entzündliches Rheuma

Zum entzündlichen Rheuma gehören alle Arten und Formen von Arthritis. Also jegliche Sorten von Gelenkentzündungen und das mit ganz unterschiedlichen Ursachen. Auch wenn sie beispielsweise Folgen einer bakteriellen oder viralen Infektion sind. Weiter zählt man entzündliche Krankheiten der Wirbelsäule, der Gelenke und Gefässe sowie Bindegewebserkrankungen zu dieser Kategorie.

Rheuma ist heutzutage keine Fatalität mehr, dank der neuen Medikamente kann der Entzündungsprozess aufgehalten werden.
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Die häufigste der entzündlichen Formen heisst rheumatoide Arthritis. Sie äussert sich typischerweise durch Gelenkschmerzen am Tag und in der Nacht, Morgensteifigkeit der Gelenke von mindestens einer Stunde und geschwollene Gelenke, begleitet von einem allgemeinen Krankheitsgefühl mit Müdigkeit und Erschöpfung. Im Frühstadium sind meistens nur wenige Gelenke betroffen. Nach einer gewissen Zeit entwickelt sich aber in fast allen Fällen eine sogenannte Polyarthritis, eine Entzündung vieler grösserer und kleinerer Gelenke des Körpers. Oft sind dabei die Finger- und Handgelenke befallen.

Wichtig beim entzündlichen Rheuma ist die schnelle Diagnose. Die ersten Monate nach Ausbruch der Krankheit sind entscheidend. In diesem sogenannten «therapeutischen Fenster» kann der immunologische Prozess noch gestoppt oder zumindest nachhaltig geändert werden.

Diagnose und Therapie entzündlicher Rheumaerkrankungen

Die Diagnose wird immer auf Basis mehrerer Befunde gestellt. Und zwar der körperlichen Untersuchung, der Laborbefunde und der Röntgenuntersuchung. Im Blut können Veränderungen und Entzündungswerte, Blutarmut oder verschiedene rheumatypische Antikörper nachgewiesen werden. Auf den Röntgenbildern kann der Arzt sehen, ob sich schon Veränderungen in den Gelenken zeigen.

Ziel der Therapie ist es zu verhindern, dass immer mehr Gelenke zerstört werden. Dazu stehen verschiedene Therapie-Verfahren zur Verfügung. Darunter die Therapie mit schmerzlindernden und entzündungshemmenden Medikamenten, Kortisonspritzen oder Physio- und Ergotherapie. Es ist bis jetzt nicht möglich, Rheuma gänzlich zu heilen. Die Symptome können aber gelindert werden. Meistens nimmt Rheuma allerdings einen chronischen Verlauf und schreitet allmählich fort.

Seit über 15 Jahren stehen den Rheumatologen zudem sogenannte Biologika zur Verfügung. Valérie Krafft von der Rheumaliga Schweiz erklärt: «Mit diesen Medikamenten lässt sich der Krankheitsprozess verlangsamen oder bis zu einem gewissen Grad aufhalten. Sie geben den Betroffenen die Möglichkeit, ein angehend normales Leben zu führen und verbessern die Lebensqualität extrem.»

Nicht entzündliches Rheuma

Degenerative oder nicht entzündliche Rheumaerkrankungen umfassen die alters- oder verschleissbedingten Krankheiten wie beispielsweise Osteoporose oder Arthrose. Diese sind sehr weit verbreitet und kommen bei älteren Semestern besonders häufig vor. Aber auch im jüngeren Alter kann man an einem vorzeitigen Knorpelschaden leiden. Etwa durch einen Unfall, Fehlstellungen im Skelett, zu hohen Belastungen oder Stoffwechselproblemen. Die Therapie variiert hier von Krankheitsbild zu Krankheitsbild.

Zum nicht entzündlichen Rheuma gehören alle Arten von Rückenschmerzen, Knorpelabbau, Knochen- und Bindegewebserkrankungen und Weichteilrheuma.

Bei dieser Form von rheumatischen Erkrankungen steht die Schmerzbekämpfung im Vordergrund. Dazu wird fast immer zu Medikamenten gegriffen. «Besonders wichtig, um die Gelenke gesund zu halten, ist allerdings auch Bewegung», betont Valérie Krafft. Auch wenn die Krankheit bereits ausgebrochen ist. So kann in vielen Fällen verhindert werden, dass schon in einem frühen Stadium zu starken Medikamenten gegriffen oder operiert werden muss.

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«Rheuma ist heutzutage keine Fatalität mehr», stellt Valérie Krafft klar. «Es braucht allerdings ein paar Rahmenbedingungen, man muss sich organisieren.» Dank der neuen Medikamente kann der Entzündungsprozess aufgehalten werden. «Das heisst jemand, der früher 30 Kilometer am Tag gewandert ist, macht mit der Erkrankung noch 15.»

Die Spezialistin betont: «Oft geht man mit Gelenkproblemen schnell zum Orthopäden, doch in vielen Fällen würde der Rheumatologe ausreichen und in kurzer Zeit eine Verbesserung herbeiführen.»

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