Zoodirektor Severin Dressen über den neuen Insektenwald
Das grosse Krabbeln

Die einen werden sich gruseln, für die anderen wird es Faszination pur: Im Zoo Zürich findet gerade der Einzug der Insekten in den neuen Insektenwald statt. Zoodirektor Severin Dressen erklärt, was es alles zu beachten gilt.
Publiziert: 30.07.2024 um 06:00 Uhr
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Aktualisiert: 27.07.2024 um 20:45 Uhr
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Severin DressenDirektor des Zoo Zürich

Die Baustelle für den neuen Lebensraum Panterra geht so langsam in den Endspurt. Doch von Tiger, Löwe und Schneeleopard fehlt bisher noch jede Spur – sie kommen erst zum Jahreswechsel zurück in den Zoo.

Seit einigen Wochen ziehen nach und nach jedoch die anderen Bewohner in Panterra ein. Das grosse Krabbeln hat begonnen: Hunderte Insekten, Spinnen und Tausendfüsser erreichen uns in den unterschiedlichsten Transportboxen und haben ihre Terrarien in den Zuchträumen bezogen. Die Tiere hören auf solch verheissungsvolle Namen wie Geisselspinne, Javanische Riesenstabschrecke, Sungaya-Gespenstschrecke, Malaiische Riesengespenstschrecke, Riesenschildmantis und Riesenblattschrecke.

Und in der Tat sind viele der Tiere riesig. Die Riesenstabschrecke erreicht Längen von 50 bis 60 Zentimetern. Da sie – der Name sagt es schon – aussieht wie ein Riesenstab, oder besser ein 50 Zentimeter langer Ast, werden manche unserer Gäste sie wohl zukünftig übersehen. Denn wie alle diese Tiere mit illustren Namen zieht auch sie in unseren Insektenwald ein, ein Bereich in Panterra, wo man zukünftig einen Trockenwald durchwandern kann. Auge in Facettenauge lassen sich hier diese faszinierenden Tiere erleben und beobachten. Trennende – oder je nach Ekelfaktor – schützende Barrieren zwischen Tier und Mensch wird es nicht geben.

Im Zoo Zürich ziehen gerade unzählige Insekten wie die Malaiische Riesengespenstschrecke in den Insektenwald im neuen Lebensraum Panterra ein.
Foto: Zoo Zürich, Birte Fröhlich
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Somit ist diese Erfahrung sicherlich nicht für jeden etwas. Für die Mutigen unter unseren Gästen ergibt sich aber eine in Europa einzigartige Chance. Denn anders als Schmetterlingsgärten gibt es solche Insektenwälder bisher noch nicht. Daher müssen wir vor der Eröffnung auch noch so manches lernen: Wie stellen wir die Klimaanlagen ideal ein, so wie es unsere vielbeinigen Schützlinge brauchen? Wie klappt die Zucht hinter den Kulissen und vielleicht sogar im Gästebereich? Wie bewegen und verteilen sich die Arten im Raum? Werden sie gut sichtbar sein? All diese Fragen werden wir in den Monaten bis zur Eröffnung Anfang 2025 zu beantworten versuchen.

Doch in den kommenden Wochen heisst es für die Insekten zuerst einmal ankommen, sich vom Transportstress erholen und an die neuen Lebensbedingungen anpassen. Auch auf unsere Tierpfleger und Tierpflegerinnen wartet viel Neues, denn unsere Schrecken, Spinnen und Käfer haben ganz andere Bedürfnisse als Tiger, Leopard und Löwe. Der Begeisterung tut dies aber sicher keinen Abbruch. Und so werden bis auf weiteres keine Antilopen oder Rinder zerteilt und zubereitet, sondern kiloweise Brombeeren – Leibspeise der Schrecken – geschnitten und auf zahlreiche Terrarien verteilt.

Wann immer es mir die Zeit in den vergangenen Wochen erlaubte, habe ich bei unseren Insekten vorbeigeschaut. Ganz besonders angetan hat es mir die Riesenblattschrecke, eine der grössten Heuschrecken überhaupt. Grasgrün, handtellergross, mit einer Flügelspannweite von bis zu 25 Zentimetern. Bei diesem wunderschönen Tier kann man ohne Lupe all die faszinierenden Details einer Heuschrecke beobachten, die man bei unseren kleinen mitteleuropäischen Arten so nie sehen könnte. Ich freue mich schon sehr, wenn ab Frühjahr 2025 auch unsere Gäste in den Genuss dieser Erfahrung kommen werden.

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