Die Klimajugend ist sauer
«Wir wurden von den Linken benutzt und belogen»

Die Klimajugend geht wieder auf die Strasse. Da hört es dieses Mal aber nicht auf. Wegen fehlender Unterstützung durch die Parteien rufen die Jugendlichen nun zu zivilem Ungehorsam auf.
Publiziert: 11.08.2020 um 16:17 Uhr
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Aktualisiert: 26.09.2020 um 21:12 Uhr
Noa Dibbasey

Sie sitzen auf Fenstersimsen, tragen farbige Stoffmasken und Sandalen und trinken aus wiederverwendbaren Wasserflaschen. Ein ungewohntes Bild für eine Pressekonferenz. Aber hier sprechen auch keine Politiker, sondern junge Frauen vom Collective Climate Justice, Collectif Breakfree und Extinction Rebellion. «Rise up for Change» (Steh auf für den Wandel) nennt sich das neue Projekt der Klimabewegungen in der Schweiz.

Nachdem nun monatelang Corona die Schlagzeilen beherrschte, soll nun wieder Aufmerksamkeit für die Dringlichkeit der Klimakrise hergestellt werden. Denn die Forderungen, welche die Klimabewegung in den letzten Jahren gestellt hatte, wurden nicht umgesetzt. Man habe sie im Stich gelassen, sagt Klima-Aktivistin Kim Teuscher. «In der Politik wurden wir von Rechts beschimpft und belächelt, von den Linken benutzt und belogen», stellt sie fest. «Man hat uns das Blaue vom Himmel versprochen und nichts davon geliefert.»

Viele Worte, keine Taten

Die Kritik umfasst alle Parteien. Nicht einmal die Grünen konnten es den Aktivisten recht machen. «Auch sie sehen die Dringlichkeit der Klimakrise nicht ein», so Meret Schefer von der Klimajugend. «Die gesetzten Ziele werden nicht oder viel zu spät ausgeführt. Die Parteien machen schöne Worte, aber halten sich nicht daran.»

Die neue Klimabewegung «Rise up for Change» ist aus dem Zusammenschluss vom Collective Climate Justice, Collectif Breakfree und Extinction Rebellion entstanden. Die Bewegung setzt sich weiterhin für Klimagerechtigkeit ein.
Foto: imago images
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Für die Bewegung ist klar: Die Klimakrise kann nicht überstanden werden, ohne bis 2030 die Treibhausgas-Emissionen auf netto Null zu senken. «Corona hat gezeigt, dass Entschlüsse durchaus schnell gefasst werden können», so Alexandra Gavilano von Extinction Rebellion. Die Pandemie habe bestätigt, dass Menschen solidarisch sein könnten – vielen seien die Gefahren der Klimakrise bislang einfach noch nicht bewusst. «Es geht um das Überleben der Menschheit.»

Mit zivilem Ungehorsam ans Ziel

Aus diesem Grund plant die Bewegung auch dieses Jahr wieder auf die Strasse zu gehen und für Klimagerechtigkeit zu demonstrieren. Schweizweit sollen am Freitag, dem 4. September, Demos stattfinden. Die Aktivistinnen möchten dabei ganz besonders auf die unwiderruflichen Schäden, welche die Klimaerwärmung hervorruft, aufmerksam machen.

Doch waren es im letzten Jahr bloss Demonstrationen, so wollen die Aktivisten dieses Jahr einen Schritt weitergehen. «Demonstrationen reichen offensichtlich nicht mehr aus», so Gavilano. Man sehe sich daher gezwungen, zu gewaltfreiem, massenhaftem zivilen Ungehorsam zu greifen. Was das genau bedeute, wollten die Sprecherinnen noch nicht verraten – um den Überraschungseffekt nicht zu verderben.

Transparente im Nationalrat und grüne Flüsse?

Einzig die Aktion der Klimajugend im vergangenen September bietet eine Vorahnung auf das, was nun kommen könnte. Damals haben die Jugendlichen während den Herbstsessionen einen Tumult im Nationalrat ausgelöst. Eine Gruppe Klima-Schüler, die die Debatte im Nationalratssaal von der Zuschauertribüne aus verfolgte, stand von ihren Plätzen auf und breitete plötzlich ein riesiges Transparent aus.

Während die Klimajugend bislang ansonsten aber vor allem demonstrierte und Workhops durchführte, hat Extinction Rebellion Erfahrung aufsehenerregenden Aktionen: Die Organisation färbte vor einem Jahr die Limmat grün ein. Letzten November blockierten Mitglieder der Bewegung das Privatjet-Terminal in Genf.

Gefährliche Partnerschaft?

Dass die Klimajugend nun mit Extinction Rebellion zusammenarbeitet, ist für die Bewegung nicht ohne Risiko: Während die Klimajugend viele Sympathien in der Bevölkerung geniesst, wird Extinction Rebellion kritisch gesehen. Das könnte auch auf das Bild der Klimajugend abfärben.


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