«Wir würden diskriminiert»
Tessiner wehren sich gegen Gotthard-Maut

Die von verschiedener Seite geforderte Tunnelgebühr für die Gotthard-Durchfahrt kommt in der Südschweiz nicht gut an. Obwohl die Tessiner auch vom Stau genervt sind.
Publiziert: 06.06.2023 um 12:59 Uhr
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Aktualisiert: 06.06.2023 um 15:35 Uhr

Um die Urnerinnen und Urner von den Staus am Gotthard zu entlasten, fordern bürgerliche Politiker eine Maut für den wichtigsten Nord-Süd-Tunnel der Schweiz. Auch SVP-Präsident Marco Chiesa (48) will eine Extra-Gebühr für die grossen alpendurchstechenden Autobahntunnel.

Im Tessin, Chiesas Heimatkanton, kommt das gar nicht gut an. «Dies ist für uns eine Gefahr, weil das Tessin durch eine solche Maut diskriminiert würde», sagt etwa Simone Patelli, Präsident von Ticino Turismo dem «Tages-Anzeiger». Er fürchtet einen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Feriendestinationen.


Der Stau am Gotthard – hier vor dem Südportal – nervt viele. Doch im Tessin kommt auch die Maut schlecht an, die das Problem entschärfen soll.
Foto: Keystone
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«Tessin wird auf die Barrikaden gehen»

Dasselbe befürchtet die Industrie- und Handelskammer der Südschweiz. Der kantonale Wirtschaftsminister Christian Vitta (50) ortet nicht nur «unfairen Wettbewerb», sondern auch ein Problem für den Zusammenhalt der Schweiz. Und der Tessiner FDP-Nationalrat Alex Farinelli (41) schimpft: «Wir Tessiner müssten eine Eintrittsgebühr für die übrige Schweiz zahlen.»

Marco Solari (79), Präsident des Filmfestivals Locarno warnt im «Tages-Anzeiger» ebenfalls vor einer Gotthard-Maut: «Dagegen wird das Tessin auf die Barrikaden gehen.»

Sonderregeln für Pendler und Gewerbe

Der Urner Mitte-Nationalrat Simon Stadler (35), der die Idee der Maut auf den Tisch gebracht hat, hat Verständnis für die Ängste der Tessinerinnen und Tessiner, nimmt denen aber den Wind aus den Segeln: Sein Vorschlag sehe ja vor, dass das Gewerbe und die Pendler beidseits des Gotthards vergünstigt oder gratis durch den Tunnel fahren könnten.

Und er gibt zu bedenken, dass das Tessin ja auch nichts davon hätte, wenn die Touristen auf dem Weg an den Lago Maggiore stundenlang im Stau stehen würden. In eine ähnliche Kerbe schlug vor Kurzem der Tessiner Mitte-Nationalrat und Gewerbepräsident Fabio Regazzi (60): Auch Arbeiter würden zu bestimmten Zeiten stundenlang zwischen den Touristen im Stau stehen – das ginge nicht.

Er fordert, dass der Bund Sonderregeln für das lokale Gewerbe prüft. Denkbar wäre für ihn, etwa, dass die Pannenstreifen vor den Tunneleingängen für Urner und Tessiner geöffnet würden oder dass bei Stau die geschlossenen Autobahneinfahrten ausschliesslich für Einheimische geöffnet würden.

Was zeigt: Nicht nur die Tunnel-Maut, sondern auch die Gotthard-Staus sorgen im Tessin für Ärger. (sf)

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