Lugano greift nach den Sternen
Der Schweizer Fussball sieht weissschwarz

Die dunklen Tage im Tessiner Fussball sind vorbei. Der FC Lugano ist die Mannschaft der Stunde und hat noch grosse Pläne.
Publiziert: 09.04.2024 um 17:20 Uhr
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Aktualisiert: 09.04.2024 um 17:26 Uhr
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Patrick MäderAutor Blick Sport

In den Achtzigern und Neunzigern war eine Reise ins Tessin zu einem Spiel der Nati A oder Nati B stets ein Abenteuer mit erwartbarem Ausgang. Wir mussten damit rechnen, dass der Schiedsrichter in den letzten zehn Spielminuten einen wohlgemeinten Penalty für das Heimteam pfeifen wird – es war gefühlt immer so, egal ob in Lugano, Bellinzona, Locarno oder Chiasso: Der Pfiff kam und versaute uns die Stimmung im Mannschaftsbus auf der langen Heimfahrt. 

Doch dann zerlegte sich der Fussball im Tessin selber. Nachdem Lugano-Präsident Helios Jermini (†63) eines kühlen Morgens im März 2002 mit seinem Audi verzweifelt und ungebremst in den See donnerte, kam heraus, dass der FC Lugano viele Jahre lang weit über seinen Verhältnissen gelebt hatte. Der Tessiner Geschäftsmann veruntreute 61 Millionen Franken an Kundengeldern und steckte zwei Drittel davon in seinen Fussballklub, was bei den Bianconeri, den Weissschwarzen, sportliche Wunder ermöglichte – so wie dasjenige 1996, als man Inter Mailand aus dem Uefa-Cup warf.

Untergang des Tessiner Fussballs

Ein Jahr nach Jerminis Selbstmord ging auch der FC Lugano unter wie 2013 die AC Bellinzona, 2018 der FC Locarno und 2023 der FC Chiasso – alle vier Tessiner Klubs machten Konkurs, mussten in den Niederungen des Amateurfussballs neuen Anlauf holen. All die geschenkten Penaltys? Umsonst gepfiffen. Doch nun scheint plötzlich die Fussballsonne wieder im Sottoceneri. Der FC Lugano ist wieder wer, hat sich mit sensationellen 19 Punkten aus den letzten sieben Spielen als Spitzenteam der Super League etabliert und steht im Cup-Halbfinal (27. April gegen Sion).

Grund zur Freude: Der FC Lugano holte in den letzten sieben Spielen 19 Punkte. Auf dem Bild: Vladi, Grgic, Bislimi, Marques (v.l.).
Foto: Andy Mueller/freshfocus
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Vielleicht reicht es noch nicht für den Meistertitel. Auch die heimische Kulisse ist dafür noch nicht bereit. Das Cornaredo ist eine Baustelle, doch daraus erhebt sich 2026 ein edles «Boutique-Stadion» und spätestens dann soll der FC Lugano dank US-Milliardär Joe Mansueto national ganz oben stehen. Es wird wieder Fussball geträumt im Tessin. Schon jetzt kann man festhalten, dass Lugano Spektakel und zusätzliche Spannung in den Meisterkampf bringt. Die dunklen Tage sind vergessen. Von «crisi» und «miseria» spricht hier niemand mehr.

Bellinzona hat schon wieder Probleme

Und wie gehts den anderen Tessiner Klubs? Chiasso grüsst als stolzer Tabellenführer der Gruppe 1 in der Tessiner vierten Liga. Locarno ist Tabellenzweiter in der Gruppe 3 der zweiten Liga interregional und Bellinzona kämpft auf dem zweitletzten Platz um den Verbleib in der Challenge League, wobei es so aussieht, als ob die Liga der ACB am 22. April die Lizenz für nächste Saison in erster Instanz verweigern wird. Der Klub hat mal wieder offene Rechnungen.

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Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
6
4
13
2
Servette FC
Servette FC
6
-3
12
3
FC Zürich
FC Zürich
5
6
11
4
FC Luzern
FC Luzern
6
4
11
5
FC Basel
FC Basel
6
9
10
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
5
5
10
7
FC Sion
FC Sion
6
4
10
8
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
6
-4
5
9
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
6
-4
4
10
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
6
-7
4
11
FC Winterthur
FC Winterthur
6
-7
4
12
BSC Young Boys
BSC Young Boys
6
-7
3
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