Nino Schurter enttäuscht – die Tochter ist trotzdem stolz
«Ich hätte Lisa gerne mehr gezeigt»

Mountainbike an Olympischen Spielen? Da holen die Schweizer fast immer Medaillen. Diesmal nicht: Mathias Flückiger (35) und Nino Schurter (38) gehen leer aus. Wie sieht ihre Zukunft aus?
Publiziert: 29.07.2024 um 19:41 Uhr
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Aktualisiert: 30.07.2024 um 08:35 Uhr

Beide heissen Lisa. Beide tragen ein aufgemaltes Schweizerkreuz im Gesicht. Und vor allem: Beide fiebern mit, zittern und leiden an diesem heissen Tag ausserhalb von Paris. Auf der einen Seite Lisa Locher, Primarschullehrerin und Freundin von Mathias Flückiger (35). Auf der anderen Seite Lisa Schurter, die achtjährige Tochter von Nino Schurter. Letztlich erfüllt sich für ihre Liebsten der Traum von einer Mountainbike-Medaille nicht. Flückiger wird Fünfter, Schurter Neunter. Dennoch sagen beide Lisas: «Wir sind auch so unglaublich stolz.»

Das dürfen sie auch sein. Denn: Flückiger und Schurter, dessen Eltern Ernst und Franziska auch da sind, haben in und ausserhalb ihres Sports viel durchgemacht. Beginnen wir bei Flückiger. Der Berner, Gesamtweltcupsieger und Olympia-Zweiter in Tokio (Jap), musste in den letzten zwei Jahren teilweise durch die Hölle. Zuerst das berühmte Rencontre mit Schurter im Zauberwald von Lenzerheide GR. Dann der angebliche Dopingmissbrauch, von dem Flückiger nach langem Warten freigesprochen wurde. Und schliesslich die Kritik nach seiner Selektion für Paris – für einige hätten andere den Platz mehr verdient. Flückiger will nach dem Rennen nicht zurückschauen: «Das ist für mich abgeschlossen, diesen Rucksack habe ich abgelegt.»

«Nicht das Gleiche wie bei den letzten Spielen»
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Und trotzdem ist es kein Geheimnis, dass es ihm auf dem Weg bis Paris teilweise psychisch miserabel ging. «Dass Lisa und viele anderen Menschen, die mir viel bedeuten, hier sind, ist einfach nur schön», so Flückiger. Er vergisst sie auch jetzt nicht.

Keine Medaille für die Schweizer Mountainbike-Cracks: Mathias Flückiger (vorne) wird Fünfter, Nino Schurter (r.) Neunter.
Foto: keystone-sda.ch
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«Ich kam für eine Medaille hierher. Leider hat es nicht gereicht. Aber ich bin zu 98 Prozent zufrieden.» Was sind die verbleibenden, zwei Prozent? «Ich hatte vielleicht zu viel Respekt vor den technischen Passagen. Da hätte ich mehr riskieren sollen.»

«Hätte Lisa gerne mehr gezeigt»

Schurter dagegen muss sich dies nicht vorwerfen. Nach Bronze (2008), Silber (2012) und Gold (2016) kommt aber auch bei ihm kein weiteres Edelmetall dazu. «Es war nicht mein Tag, das habe ich früh gemerkt. Dieser Kurs liegt mir nicht besonders – aber das ist keine Ausrede. Schade.»

Enttäuschung hin oder her – an Schurters Legendenstatus ändert dieses Rennen nichts. Der zehnfache Weltmeister und Rekord-Weltcupsieger (36 Triumphe) muss sich nicht rechtfertigen. So wie Flückiger dankt auch er jenen Menschen, die ihn immer unterstützt haben und ihm so viel bedeuten. «Lisa ist erstmals an Olympischen Spielen dabei. Ich hätte ihr gerne mehr gezeigt.»

Letztlich gewinnt wie vor drei Jahren in Tokio erneut Tom Pidcock (24, Gb). Er ist auf der Colline d’Éllancourt der Beste. Dass es im Duell mit Lokalmatador Victor Koretzky (29, Fr) am Ende knapp wird, hat nur mit einem Defekt zu tun. Koretzky holt vor Alan Hatherly (28, SA) Silber.

Was bringt die Zukunft?

Zurück zu Schurter und Flückiger und einem Blick in die Kristallkugel. Zuerst die Frage an Flückiger: Ist er in vier Jahren, bei den Spielen in Los Angeles, noch dabei? «Das ist realistisch, ja.» Und dann Schurter. Hängt er noch eine Saison an? «Mal schauen.»

Man merkt: In diesem Moment sind beide vor allem etwas: müde. Im Kreis ihrer Liebsten werden sie sich erholen.

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