Doping-Diskussion nervt Ex-Rad-Profi Järmann
«Warum sollte Pogacar nicht sauber sein?»

Tadej Pogacar (25) verzichtet auf die Olympischen Spiele. Seine fast übermenschlichen Leistungen hallen trotzdem nach.
Publiziert: 24.07.2024 um 00:05 Uhr
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Aktualisiert: 24.07.2024 um 09:28 Uhr
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Mathias GermannReporter Sport

Er war selbst ein Doper. Und heute? Da blickt Rolf Järmann (58) viele Jahre nach seinem Geständnis mit Verwunderung auf die aktuellen Doping-Gerüchte. Worum es geht – klar, um die nicht menschlich erscheinenden Leistungen von Rad-Gigant Tadej Pogacar (25, Slo) an der Tour de France. «Nur weil er schneller den Berg hochfuhr als Marco Pantani vor 26 Jahren, heisst das doch nicht, dass er etwas Verbotenes getan hat», ärgert sich der Ex-Profi.

«Il Pirata», wie Pantani (1970-2004) genannt wurde, holte 1998 als Letzter das Double Giro und Tour de France in einem Jahr – bis zum letzten Sonntag, als Pogacar dieses Kunststück wiederholte. «Klar, Pantani war damals wohl gedopt. Aber er fuhr unter Voraussetzungen, die man in keiner Weise mit jenen von heute vergleichen sollte», so Järmann. 

Radsport hat neue Dimensionen erreicht

Was der Thurgauer meint, ist klar: Der Radsport hat sich in den letzten Jahrzehnten extrem gewandelt – er ist viel professioneller geworden. «Trainingsmethodik, Ernährung, Ausrüstung – alles hat neue Dimensionen erreicht.» Was ihn am meisten aufregt, ist der Vergleich der Wattzahl pro Kilogramm Körpergewicht. Dieser Wert soll während der Tour bei Pogacar beim 40-minütigen Aufstieg zum Plateau de Beille 6,98 betragen haben. Irre, finden viele.

Mit erlaubten Mitteln nicht machbar? Die Diskussionen um Tadej Pogacars Triumphe ebben nicht ab.
Foto: keystone-sda.ch
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Järmann relativiert: «Vielleicht hat Eddy Merckx vor 50 Jahren ähnliche Zahlen getreten. Wir wissen es nicht, weil damals nichts gemessen wurde. Und Merckx war auf viel schlechteren Strassen mit einem viel schlechteren Velo unterwegs. Er hatte ein Baumwoll-Trikot, das zwei Kilogramm wog.» Dazu seien Rennverlauf und Witterung weitere Aspekte, die man berücksichtigen müssten. «Warum sollte Pogacar also nicht sauber sein?», fragt er. 

«Heute bricht einer auch mal ein»

Järmann ist überzeugt, dass der Radsport heute sauberer ist als zu seiner Zeit zwischen 1987 und 1999 – aber auch als danach in der Ära Lance Armstrong. «Heute bricht ein Superstar auch mal ein, weil er einen schlechten Tag hat. Damals, mit Indurain, Ullrich und Armstrong, gab es das nie. Für mich ist das ein klares Zeichen, dass weniger gedopt wird.»

Und Olympia? Järmann denkt gerne an 1996 in Atlanta (USA) zurück, als Teamkollege Pascal Richard (60) Gold gewann. «Auch wenn meine Hände damals durch seinen Angriff gebunden waren und ich meine gute Form nicht zeigen konnte.» Fest steht: Von der Reduktion des Pelotons im Strassenrennen der Männer (3. August) auf 90 Fahrern hält er nichts. «Das könnte das Rennen kaputtmachen.»

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