Lehren aus dem CS-Debakel
So will die Finma-Präsidentin die UBS in den Schwitzkasten nehmen

Die Finanzmarktaufsicht informiert am Dienstag über ihre Lehren aus dem CS-Debakel. Dabei präsentiert sie wohl neue Werkzeuge. Heikler Punkt dürfte ein künftiges Bonusverbot sein.
Publiziert: 17.12.2023 um 10:49 Uhr
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Aktualisiert: 17.12.2023 um 15:54 Uhr
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Beat SchmidFester Mitarbeiter Blick

Diese Woche wurde bekannt, dass die UBS-Rechtsanwälte eingeschaltet hat, um Boni zurückzufordern, die an CS-Banker ausbezahlt wurden. Diese sogenannten Upfront Cash Awards in der Höhe von 1,2 Milliarden Franken flossen letztes Jahr vor allem an Investmentbanker, um sie an die Bank zu binden. Die Zahlungen erfolgten zu einem Zeitpunkt, als die Credit Suisse bereits tief in der Krise steckte. 

Auch der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) war klar, dass die Barzahlungen die Bank weiter schwächen würden. Doch die Berner Aufseher verhinderten die Zahlungen nicht. Die Bankchefs konnten darauf verweisen, dass die Kapitalpolster dick genug waren – also genug Geld in der Kasse war, um die Zusatzzahlungen zu leisten. 

Die CS hätte die Gelder auch aus dem Fenster hinauswerfen können. Denn viele CS-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter verliessen die Bank nach den Sonderzahlungen trotzdem. Die Halteprämien waren nicht nur wirkungslos, sie waren auch falsch. Das zeigt die Tatsache, dass die UBS rund die Hälfte dieser 1,2 Milliarden zurückfordern will. 

Sieht keine Notwendigkeit, die Bankenaufsicht fundamental zu ändern: UBS-Präsident Colm Kelleher.
Foto: STEFAN BOHRER
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Lehren aus dem Debakel

Die Upfront Cash Awards waren das letzte Bonusprogramm in einer langen unrühmlichen Reihe. Die bis zum bitteren Ende ausbezahlten Prämien symbolisieren, wie fahrlässig die CS-Chefs vom Paradeplatz mit dem Kapital der Aktionäre umgegangen sind. In den Geschäftsjahren von 2010 bis 2022 verdiente die Bank netto 5,1 Milliarden Franken – 390 Millionen Franken pro Jahr. In der gleichen Periode schüttete sie insgesamt 39 Milliarden Franken an Boni aus – 3 Milliarden pro Jahr oder 780’000 Franken pro Mitarbeiter. Zu hohe Gehälter und Bonuszahlungen haben die CS ausgehöhlt.

Welche Lehren sind aus dem Debakel zu ziehen? Darüber will die Finma am Dienstag an einer Medienkonferenz informieren. Präsidentin Marlene Amstad (55) tritt nach dem abrupten Abgang von Direktor Urban Angehrn (58) und weiteren Spitzenkadern erstmals wieder an die Öffentlichkeit. Sie wird flankiert von Birgit Rutishauser (51), Direktorin ad interim, und zwei weiteren Mitgliedern der Geschäftsleitung. 

Was will die Finma?

Die Finma-Präsidentin wird dabei ihre Vorstellungen einer neuen Bankenregulierung skizzieren. Wo will die Behörde ansetzen, welche neuen Instrumente benötigt sie, um die nun einzige Schweizer Grossbank wirksam zu beaufsichtigen? Bekannt ist Amstads Forderung nach einem sogenannten Senior Managers Regime, das die Verantwortlichkeiten innerhalb einer Bank klar regelt. Wenn ein Unfall passiert, können sich Topbanker nicht mehr herausreden und behaupten, es sei im Gremium entschieden worden.

Bekannt ist auch ihr Wunsch, Bussen verhängen zu können. Zudem will die Finma transparenter über Bankenstresstests und Aufsichtsverfahren gegen Banken und Einzelpersonen informieren können. Heute kann sie nur bei jedem 20. Enforcement-Verfahren die involvierten Parteien beim Namen nennen. In Grossbritannien werden die meisten Namen veröffentlicht.

Intellektuelle Meisterleistungen

Entscheidend ist aber ein anderer, bisher nicht bekannter Punkt: Die Finma will früher als bisher eingreifen können, wenn eine Bank auf die schiefe Bahn gerät. Wenn verschiedene Kennzahlen über mehrere Quartale in die falsche Richtung zeigen, will sie der Bank Auflagen machen können. Eine Möglichkeit besteht darin, einen zusätzlichen Eigenkapitalpuffer zu verlangen, den sogenannten Pillar 2. Bezogen auf die CS hätte dies bedeutet, dass die Finma schon Jahre vor dem Kollaps die Rückstellung für zusätzliches Kapital hätte einfordern können. So hätte die Behörde indirekt die Ausschüttung von Boni oder Dividenden erschweren können. 

Ob sich damit der Niedergang der CS hätte verhindern lassen? Gerade die Erfahrung der Credit Suisse hat gezeigt, dass Bankmanager in der Krise intellektuelle Meisterleistungen vollbringen können, um den Zustand einer Bank zu beschönigen. Je komplizierter eine Regulierung ist, desto mehr Schlupflöcher bieten sich den Banken und ihren Anwälten. Die Finma müsste daher ein Interesse an möglichst einfachen und klaren Regeln haben.

Es ist das kleine Einmaleins des Bankgeschäfts: Wenn eine Bank genügend grosse Erträge erwirtschaftet, um ihre Kosten zu decken, dann kann sie auch nicht untergehen. Warum also die Banken nicht dazu verpflichten, nur dann Boni auszuschütten, wenn sie Gewinne schreiben? Dass dies ein wirksames Mittel wäre, um eine Bank gesund zu halten, ist sich auch die Spitze der Finma bewusst. Die Frage ist, ob sie sich auch politisch zutraut, dieses Mittel einzufordern. 

UBS gegen «fundamentale» Änderungen

Die Erfahrung aus früheren Bankenkrisen zeigt, dass sich das Zeitfenster für schärfere Bankenregulierungen nur jeweils kurz öffnet. Die UBS hat bereits begonnen, ihr Lobbying gegen eine Verschärfung heraufzufahren. Präsident Colm Kelleher (66) und CEO Sergio Ermotti (63) sprachen sich in den letzten Wochen gegen «fundamentale» Änderungen am Regelwerk aus. Wie die Finma ist auch die UBS für die Einführung des Senior Managers Regimes. Da dies in Grossbritannien bereits Realität ist, kostet dies die UBS auch nicht viel. 

Auch neue Instrumente für ein frühzeitiges Eingreifen der Finma erachtet die Grossbank für sinnvoll. Allerdings gehen diese in eine andere Richtung. Gemäss den Ideen der UBS soll die Finma bei einer sich anbahnenden Krise direkt in Hierarchie der Bank eingreifen und Schlüsselpersonen in der Konzernleitung und dem Verwaltungsrat ersetzen. Allerdings würde die Finma damit die Rolle und auch die Verantwortung eines Ankeraktionärs übernehmen. Es ist zu bezweifeln, ob das die Aufgabe einer Finanzaufsicht ist.

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