Unter Fiat wurde die Traditionsmarke totgespart
Kommt Lancia bald zurück?

Finanzkrise, Fusion, Flaute bei neuen Modellen: In den letzten 15 Jahren wurde die einstige Edelmarke Lancia zum Schatten ihrer selbst und fast totgespart. Doch jetzt scheint Hoffnung auf einen Neustart erlaubt.
Publiziert: 18.06.2021 um 11:16 Uhr
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Aktualisiert: 21.12.2021 um 22:17 Uhr
Andreas Faust

Die ehemalige Fiat-Tochter Lancia kriegt einen neuen Chefdesigner. Jean-Pierre Ploué, als Stellantis Chief Design Officer bereits für die Marken Abarth, Alfa Romeo, Citroën, DS Automobiles, Fiat Europe, Lancia, Opel, Peugeot und Vauxhall verantwortlich, ist von Lancia-CEO Luca Napolitano auf den Posten berufen worden. Aber das ist nicht bloss eine Personalnachricht unter vielen.

Lancia? Da war doch was: Im Jahr 1906 gegründet, fuhr der italienische Autobauer lange Zeit technisch allen davon. Erste selbsttragende Karosserie ohne schweren Rahmen, pfiffige V-Motoren mit kleinen Hubräumen, aber legendärer Laufruhe: Während Alfa Romeo auf Sport machte, polierte sich Lancia auf Luxus. Aber holte dennoch 1986 in der irren Gruppe B mit bis zu 550 PS starken Boliden den Rallye-Weltmeistertitel.

Niedergang unter Fiat

Derzeit ist Lancia nur noch ein Schatten seiner selbst. Meist konnten Lancia-Bosse besser konstruieren als rechnen – schon 1969 übernahm Fiat die Marke zum symbolischen Preis, aber inklusive Schuldenberg. Unter CEO Sergio Marchionne (1952–2018) rutschte sie in die Bedeutungslosigkeit ab: Im Jahr 2006 wurde zum 100. Geburtstag ein neuer Delta enthüllt, dessen Serienversion aber mehrheitlich floppte. Dann fusionierte Fiat mit Chrysler zu Fiat Chrysler Automobiles FCA – und schon war kein Geld mehr da für neue Modelle, weil andere Löcher gestopft werden mussten. Ab 2011 wurden schliesslich US-Modelle von Chrysler mit Lancia-Logo bei uns verkauft – das killte das Markenimage endgültig.

Kommt Lancia bald zurück? Im Jahr 1906 gegründet, fuhr der italienische Autobauer lange Zeit technisch allen davon. Während Alfa Romeo auf Sport machte, polierte sich Lancia auf Luxus.
Foto: zVg
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Derzeit kann man nur noch in Italien das letzte verbliebene Modell kaufen: Der Ypsilon basiert auf Fiats altem 500er, kommt aber offenbar noch an und rangiert bei den italienischen Kleinwagen-Verkäufen recht weit vorne. Doch neue Modelle? Fehlanzeige. Spätestens mit der Fusion von Mutter FCA mit dem französischen PSA-Konzern zu Stellantis schien klar: Das wars für Lancia. Wer braucht die Marke noch, wenn es 13 weitere im Konzern gibt?

Gibts für Lancia doch noch eine Zukunft?

Aber unter Stellantis-CEO Carlos Tavares scheint ein Umdenken eingesetzt zu haben. Kürzlich verplapperte sich der neue Alfa-Chef Jean-Philippe Imparato gegenüber Blick, dass Lancia ja die «italienische Eleganz» im Stellantis-Konzern verkörpere; darüber tausche er sich mit Luca Napolitano ständig aus. Bei nur einem Kleinwagen im Programm? Zudem irritierte die Berufung von Napolitano zum Lancia-CEO: Der Italiener gilt als einer der kreativsten Köpfe bei den ehemaligen Fiat-Marken – warum ihn in eine quasi tote Abteilung verschieben? Zudem dürfte mittelfristig der bisherige Fiat 500 mit seiner rund 15 Jahre alten technischen Basis auslaufen – der Nachfolger 500e ist ja längst am Start. Dann wäre auch für den Ypsilon definitiv Schluss, nachdem er zuletzt vor allem mit Sondereditionen frisch gehalten wurde.

Mit der Berufung eines offiziellen Chefdesigners für Lancia scheint der Marke nun vielleicht doch eine unverhoffte Zukunft zu blühen. Elektrifizierung wird dabei eine wichtige Rolle spielen, wenn sich die Marke technisch weiterhin an Fiat anlehnt. Fiat-CEO Olivier Fancois hatte kürzlich angekündigt, seine Marke wolle bis Ende 2030 komplett elektrisch unterwegs sein.

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