Nach Entgleisung am Gotthard
Jetzt kommt die Haftungsfrage nochmals auf den Tisch

Bleibt die SBB Cargo auf den Kosten sitzen, für die Entgleisung am Gotthard? Für Verkehrspolitiker ist klar: Das Gesetz muss angepasst werden.
Publiziert: 28.08.2023 um 13:13 Uhr
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Aktualisiert: 28.08.2023 um 15:43 Uhr

Der Schaden, den ein entgleister Güterzug im Gotthard-Basistunnel angerichtet hat, ist immens. Und dürfte die SBB-Tochter Cargo teuer zu stehen kommen. Sie muss nämlich für die Kosten geradestehen.

Der Bund jedenfalls sieht die finanzielle Verantwortung für den Unfall bei der SBB Cargo. Diese hafte als Frachtführerin für den Unfall im Gotthard-Basistunnel. Das entsprechende Gesetz dazu sei klar, sagte der Direktor des Bundesamtes für Verkehr, Peter Füglistaler, dem «Sonntagsblick».

Am 10. August entgleisten 16 Wagen eines Güterzugs im Gotthard-Basistunnel. Der Schaden ist immens.
Foto: Keystone
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SBB Cargo sei «für den sicheren Betrieb verantwortlich» und müsse die entsprechenden Vorkehrungen treffen. Sie müsse die Wagen vor der Abfahrt kontrollieren. Und hafte auch, sollte sich herausstellen, dass der nach dem Radbruch entgleiste Wagen tatsächlich aus Deutschland stamme.

«Haftung muss neu definiert werden»

Firmen hingegen, die Güterwagen an SBB Cargo oder an andere Bahnen vermieten, haften fast nie für Unfälle. Ein erst im Juni veröffentlichter Bericht vom Bundesrat rechtfertigt die fehlende Haftung als «historisch entstandenen Missstand». Die Regierung sah allerdings in ihrem Bericht keinen zwingenden Regulierungsbedarf. Beim Bundesamt für Verkehr heisst es nun auf Anfrage: Es liege jetzt am Parlament, ob weitere Schritte gegangen werden in der Frage.

Anders als der Bundesrat beurteilt der Berner FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen (42) die Lage: «Im Rahmen der künftigen Ausrichtung und Finanzierung des Schienengüterverkehrs muss die Haftung neu definiert werden», sagt er gegenüber Blick. Die Wagenhalter seien mehr in die Verantwortung zu nehmen. Oberstes Ziel müsse die Erhöhung der Betriebssicherheit sein.

Das Thema ist bereits auf der Traktandenliste der zuständigen Kommission für Verkehr im Nationalrat nächste Woche. Der Tessiner SP-Nationalrat Bruno Storni (69) hat einen entsprechenden Antrag eingereicht, wie er bestätigt: «Wir müssen die Haftungsfrage nochmals anschauen – und allenfalls anpassen», so Storni zu Blick. Es könne auch sein, dass man eine europaweite Lösung anstreben sollte, da zurzeit der internationale Rechtsrahmen die Haftungsfrage mitreguliere, so der Sozialdemokrat.

Standards an Zügen verbessern

Wasserfallen findet zudem, dass Schweizer Cargo-Unternehmen nicht auf den Kosten sitzen bleiben sollen, wenn denn wirklich ein Wagenhalter verantwortlich für den Unfall sein sollte: «Ein Regress ist klar zu prüfen, wenn fahrlässig schlechtes Rollmaterial eingesetzt wurde», sagt er zu Blick.

«Wer einen Schaden verursacht, soll dafür bezahlen»
3:12
Tessiner Politiker zu Gotthard:«Wer einen Schaden verursacht, soll dafür bezahlen»

Zudem seien die technischen Standards der Güterwagen zu erhöhen. Dies beispielsweise mit obligatorischen elektronischen Überwachungssystemen. «Eine solche Katastrophe darf sich nicht mehr wiederholen», so Wasserfallen. (sie)

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