Erste Fahrt im neuen Lancia Ypsilon
Eleganz statt Sport

Lancia ist zurück! Mit dem neuen Ypsilon will die einstige Traditionsmarke in Europa wieder durchstarten – mit ein wenig Noblesse, Strom und Sprit. Nur für die Schweiz hat der Relaunch einen Haken.
Publiziert: 31.05.2024 um 11:51 Uhr
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Aktualisiert: 31.05.2024 um 14:56 Uhr
Stefan Grundhoff

Wenn der Autokonzern Stellantis seine Marke Lancia eingestellt hätte, wäre der Aufschrei in der Autowelt wohl sehr leise geblieben. Längst hatten wir uns daran gewöhnt, dass die einstige Edelmarke nur noch in Italien und nur mit einem Modell angeboten wird. Doch das Führungsduo aus Konzern-CEO Carlos Tavares und Markenchef Luca Napolitano will die Marke reanimieren: Dubiose Ankündigungen, ein neuer Designchef, dann ein Concept Car – die Anzeichen verdichteten sich in den letzten Jahren, dass da noch was kommt.

Jetzt ist der neue Lancia Ypsilon da. Technisch verwandt mit Schwestermodellen wie Opel Corsa, Citroen C4 oder Peugeot 208 und auf deren Technikplattform unterwegs, wagt Lancia den Sprung über die italienische Grenze. Mit dem Ypsilon und weiteren neuen Modellen gehts etappenweise wieder nach Europa. Besonders hervorgehoben wird zwar die elektrische Version, aber angesichts der aktuellen Flaute bei den Elektro-Verkäufen kommt auch ein kleiner Benziner mit Elektrounterstützung und 100 PS (74 kW) insbesondere für den Heimatmarkt. Denn die Ladeinfrastruktur südlich der Linie Turin – Venedig weist stattliche Lücken auf.

Antriebstechnik aus dem Konzern

Europaweit sieht es besser aus und so setzt Lancia ausserhalb Italiens voll auf Strom. Optisch ist der neue Lancia ein Hingucker. Mit 4,08 Metern Länge nicht so klein und niedlich wie seine Vorgänger, aber definitiv auffällig. Den Antrieb kennt man schon aus dem Stellantis-Konzern: Elektromotor an der Vorderachse mit 156 PS (115 kW), Batterie mit 51 Kilowattstunden (kWh) Nettokapazität und rund 400 Kilometern Reichweite. Nicht gerade sportlich, aber mehr Leistung braucht kein Stadtauto. Dennoch hat Lancia schon eine Sportversion namens Ypsilon HF mit 240 PS (177 kW) angekündigt.

Zuletzt gab es Lancia nur noch in Italien und nur mit einem betagten Modell: Doch zum Neustart in ganz Europa lanciert die italienische Traditionsmarke ihre erste echte Neuheit seit 17 Jahren.
Foto: Zvg
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Lancia Ypsilon

Antrieb Elektromotor, 156 PS (115 kW), 260 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Akku 51,0 kWh netto, Laden AC/DC 11/100 kW
Fahrleistungen 0–100 km/h in 8,2 s, Spitze 150 km/h, Reichweite WLTP 403 km
Masse L/B/H 4,08/1,76/1,44 m, Gewicht 1584 kg, Laderaum 340 l
Umwelt WLTP 16,5–19,3 kWh/100 km (Benzinäquivalent 1,5–1,6 l/100 km), 0 g/km CO₂ lokal, Energieklasse noch nicht bekannt
Preis noch nicht bekannt

Antrieb Elektromotor, 156 PS (115 kW), 260 Nm@1/min, 1-Gang-Getriebe, Frontantrieb, Akku 51,0 kWh netto, Laden AC/DC 11/100 kW
Fahrleistungen 0–100 km/h in 8,2 s, Spitze 150 km/h, Reichweite WLTP 403 km
Masse L/B/H 4,08/1,76/1,44 m, Gewicht 1584 kg, Laderaum 340 l
Umwelt WLTP 16,5–19,3 kWh/100 km (Benzinäquivalent 1,5–1,6 l/100 km), 0 g/km CO₂ lokal, Energieklasse noch nicht bekannt
Preis noch nicht bekannt

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Selbst die mässige Ladeleistung von maximal 100 kW fällt im urbanen Umfeld kaum ins Gewicht. Lange Autobahnfahrten, bei denen sie einschränken könnte, dürften nur wenige mit dem Fünfplätzer antreten wollen. Dabei ist der Reisekomfort des Y-Modells mehr als in Ordnung. Solide Sitze mit Heizung und Massage, ordentliche Displays und eine einfache Bedienung – hier glänzt der in Spanien produzierte Stromer.

Überzeugend: Die Abstimmung von Federn und Dämpfern ist angenehm straff, die Lenkung sehr leichtgängig. Den selbst formulierten Edel-Anspruch kann Lancia mit dem Ypsilon aber nicht so recht einlösen: Viele Oberflächen im Innenraum wirken eher günstig. Praktisch und nett anzuschauen, ist die kreisrunde Ablage in der Mitte der Armaturentafel, die hinten das Smartphone lädt und vorne Platz für Schüssel, Haarspange oder Kleingeld bietet. Darüber geben die beiden 10,25-Zoll-Bildschirm Informationen über alles Wichtige. Der Kofferraum bietet 340 Liter Platz – mehr als ausreichend.

Wer ist Lancia?

1906 gegründet, fuhr der italienische Autobauer Lancia lange Zeit technisch der Konkurrenz davon. Erste selbsttragende Karosserie ohne schweren Rahmen, pfiffige V-Motoren mit kleinen Hubräumen, aber legendärer Laufruhe: Lancia polierte sich auf Luxus. Doch ab den 1960er-Jahren harzte es finanziell. Die Übernahme durch den Fiat-Konzern im Jahr 1969 zum symbolischen Preis, aber mit einem Schuldenberg, war die Rettung

Unter Fiat-CEO Sergio Marchionne (1952–2018) rutschte Lancia in die Bedeutungslosigkeit: 2006 wurde zum 100. Geburtstag ein neuer Delta enthüllt, dessen Serienversion aber mehrheitlich floppte. Dann fusionierte Fiat mit Chrysler zu Fiat Chrysler Automobiles FCA – und schon war kein Geld mehr da für neue Modelle, weil andere Löcher gestopft werden mussten. Ab 2011 wurden schliesslich US-Modelle von Chrysler mit Lancia-Logo bei uns verkauft – das killte das Markenimage endgültig. Seit 2017 gibts die einstige Edelmarke nur noch in Italien mit einem einzigen Modell – dem 2011 lancierten Ypsilon, der dort immerhin noch bis zur Einstellung Anfang 2024 ein Kleinwagen-Bestseller war. Mit der Fusion von FAC und PSA gehört Lancia heute zum Stellantis-Konzern.

1906 gegründet, fuhr der italienische Autobauer Lancia lange Zeit technisch der Konkurrenz davon. Erste selbsttragende Karosserie ohne schweren Rahmen, pfiffige V-Motoren mit kleinen Hubräumen, aber legendärer Laufruhe: Lancia polierte sich auf Luxus. Doch ab den 1960er-Jahren harzte es finanziell. Die Übernahme durch den Fiat-Konzern im Jahr 1969 zum symbolischen Preis, aber mit einem Schuldenberg, war die Rettung

Unter Fiat-CEO Sergio Marchionne (1952–2018) rutschte Lancia in die Bedeutungslosigkeit: 2006 wurde zum 100. Geburtstag ein neuer Delta enthüllt, dessen Serienversion aber mehrheitlich floppte. Dann fusionierte Fiat mit Chrysler zu Fiat Chrysler Automobiles FCA – und schon war kein Geld mehr da für neue Modelle, weil andere Löcher gestopft werden mussten. Ab 2011 wurden schliesslich US-Modelle von Chrysler mit Lancia-Logo bei uns verkauft – das killte das Markenimage endgültig. Seit 2017 gibts die einstige Edelmarke nur noch in Italien mit einem einzigen Modell – dem 2011 lancierten Ypsilon, der dort immerhin noch bis zur Einstellung Anfang 2024 ein Kleinwagen-Bestseller war. Mit der Fusion von FAC und PSA gehört Lancia heute zum Stellantis-Konzern.

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Einziger Schönheitsfehler am neuen Lancia: In die Schweiz wird er frühestens im nächsten Jahr kommen – und erst dann gibts Preise. Denn wir gehören nicht zu den fünf Startmärkten, in denen es noch in diesem Jahr losgeht.

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