«Eine eigene Familie ist ein Thema»
Nati-Star Lia Wälti zeigt ihr Emmental

Lia Wälti ist das Herz und der Kopf der Schweizer Nationalmannschaft. Die Kapitänin kehrt nach strengen Wochen an der WM in ihre Heimat im Emmental zurück – und zeigt ihre Wurzeln.
Publiziert: 13.08.2023 um 19:43 Uhr
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Aktualisiert: 13.08.2023 um 21:53 Uhr
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Nina KöpferRedaktorin Sport
Wälti verrät ihren Traumberuf als Kind
2:18
Nati-Star zeigt seine Heimat:Wälti verrät ihren Traumberuf als Kind

Wo findet man Lia Wälti (30), wenn sie ihre Batterien aufladen muss? Natürlich in der Heimat, in Langnau im Emmental. Dort trifft Blick die Fussballerin keine 24 Stunden nach ihrer Rückkehr von der Weltmeisterschaft in Neuseeland. Im lockeren Business-Look kommt sie zu Fuss zum Treffpunkt beim Primarschulhaus. Die Haare zum hohen Pferdeschwanz zusammengebunden, ihrer typischen Fussballfrisur. Ziemlich fertig sei sie nach der langen Reise, und die Augen seien eventuell noch etwas klein, warnt sie schmunzelnd. Aber die Luft hier im Emmental, die tue gut, mache den Kopf klar. Eine Wohltat nach turbulenten Wochen am anderen Ende der Welt.

Die Weltmeisterschaft hat für das Schweizer Team ein abruptes, vielleicht sogar etwas brutales Ende gefunden. 1:5 unterlagen die Schweizerinnen im Achtelfinal den Spanierinnen. Wälti sagt: «Wenn ein Team wie Spanien Vollgas gibt, ist es schwierig für uns.»

Der Traum war noch nicht geboren

Nun, zurück im Emmental, ist das WM-Out schon ein Stück weiter weg. Dass Wälti dereinst überhaupt mit dem Nationalteam um den Globus reisen würde, gehörte nicht zum ursprünglichen Plan der jetzigen Teamleaderin, erzählt sie vor dem Schulhaus Oberfeld, mitten im Dorf. Hier ging Lia Wälti von der ersten bis zur vierten Klasse zur Schule. Während andere davon träumten, Astronaut oder Ärztin zu werden, träumte Wälti – nein, eben nicht davon, Fussballprofi zu werden. «Ich wollte Kleinkindererzieherin werden.» Das überrascht.

Lia Wälti vor dem Primarschulhaus in Langnau. Hier kickte sie jeweils auf dem Pausenplatz.
Foto: Sven Thomann
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«Wenn ich damals gewusst hätte, dass so etwas irgendwann mal möglich sein würde, dann hätte ich sicher davon geträumt. Aber damals, zu Beginn der Nullerjahre, war es schlicht keine Option.» Es fehlte an Vorbildern. Den Beruf der Profi-Fussballspielerin gab es noch nicht. Kaum einer interessierte sich für kickende Frauen. Wälti erzählt: «Ich hätte damals wahrscheinlich kaum drei Nati-Spielerinnen aufzählen können.»

Langnau oder London

Die Leidenschaft für den Sport schmälerten diese düsteren Karriereaussichten nicht. Wälti kickte auf dem Pausenplatz mit den Buben, später beim FC, wo sie vom Vater trainiert wurde. Alles fand im überschaubaren Langnau statt. «Als Kind war es echt schön, hier aufzuwachsen.» Und auch jetzt fühlt sie sich hier wohl. Aber ob sie hier leben könnte? «Das ist so eine schwierige Frage. Ich habe keine Ahnung, wo mein Zuhause später mal sein wird.» Das Leben einer Profifussballerin lässt sich nur schwer planen.

Foto: Sven Thomann

In London, wo die Arsenal-Stammspielerin seit einigen Jahren wohnt, komme die Ruhe manchmal etwas zu kurz. «Und die Luft dort ist nicht so gut wie in der Schweiz», sagt Wälti. Dafür seien die Londoner etwas lockerer als die Schweizer. Die Anonymität der Stadt habe ihre Vorteile. «In der Schweiz bin ich fast immer mit dem ÖV unterwegs. Da werde ich häufig angesprochen.» Dass sie in der Schweiz so oft erkannt werde, sei zwar ein gutes Zeichen für den Frauenfussball. «Aber es ist schon ungewohnt, wenn du dir in jedem Moment bewusst sein musst, dass du vielleicht beobachtet wirst.»

Karriere oder Kind

Auf Heimatbesuch in Langnau muss sie sich diese Sorgen weniger machen. «Hier ist es immer angenehm, die Leute sind sehr zurückhaltend», erzählt Wälti an der nächsten Station der Langnau-Tour. Nur wenige Minuten vom Schulhaus entfernt befindet sich der Äntelipark. Die Emmentalerin ist zwar etwas enttäuscht, dass die namensgebenden Tiere nicht anzutreffen sind, denn die gehören zu den Erinnerungen. «Hier haben wir jeweils Kindergeburtstage gefeiert.» Etwas, was Wälti dereinst auch gerne mit den eigenen Kindern tun würde.

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«Eine eigene Familie ist ein Thema, ja. Aber solange ich aktiv bin, muss das warten.» Es gibt zwar immer mehr Spielerinnen, die während ihrer aktiven Zeit ein Baby haben. Doch nach wie vor bedeutet das einen grossen Einschnitt in die Karriere. Lange war in einigen europäischen Ligen nicht einmal geregelt, wie Profi-Fussballerinnen während des Mutterschaftsurlaubs entlöhnt werden. Erst vor drei Jahren erliess die Fifa einheitliche Regeln für den Mutterschutz, doch nicht alle Klubs kümmerte das. Der französische Topklub Olympique Lyon etwa weigerte sich, seiner Spielerin Sara Björk Gunnarsdóttir den Lohn weiterzuzahlen, nachdem diese schwanger wurde und nicht mehr spielen konnte. Gunnarsdóttir klagte und erhielt von der Fifa im Januar recht. Lyon musste seiner Spielerin über 80'000 Euro zurückzahlen.

Lia Wälti persönlich

Lia Wälti kommt am 19. April 1993 in Langnau im Emmental zur Welt. Ihr erster Trainer in einem Bubenteam beim FC Langnau ist ihr Vater. 2007 wird sie im Ausbildungszentrum Huttwil aufgenommen, ein halbes Jahr darauf wechselt sie zum Team Bern West. 2009 gehts in die U16 zu YB, wo sie mit den Jungs spielt – unter anderem mit dem heutigen YB-Goalie David von Ballmoos. Seit 2018 spielt sie für Arsenal.

Das Treffen mit Lia Wälti wurde SonntagsBlick im Rahmen eines Breitling Media Days ermöglicht.

Lia Wälti kommt am 19. April 1993 in Langnau im Emmental zur Welt. Ihr erster Trainer in einem Bubenteam beim FC Langnau ist ihr Vater. 2007 wird sie im Ausbildungszentrum Huttwil aufgenommen, ein halbes Jahr darauf wechselt sie zum Team Bern West. 2009 gehts in die U16 zu YB, wo sie mit den Jungs spielt – unter anderem mit dem heutigen YB-Goalie David von Ballmoos. Seit 2018 spielt sie für Arsenal.

Das Treffen mit Lia Wälti wurde SonntagsBlick im Rahmen eines Breitling Media Days ermöglicht.

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Der Karriereaspekt ist für Wälti aber sekundär. «Eine Schwangerschaft als Fussballerin geht nur, wenn du ein perfekt funktionierendes privates Umfeld hast.» Dazu gehören neben einer stabilen Beziehung zum Beispiel Grosseltern, die unterstützen können. Oder die Schwester als Vertrauensperson. Wälti aber lebt in London, die Eltern Andreas und Monika im Emmental, Schwester Meret in Kolumbien. «Früher dachte ich immer, ich werde vor dreissig Mami. Aber mittlerweile habe ich gelernt, dass das Leben schlicht nicht durchwegs planbar ist.»

Es hat sich viel getan im Frauenfussball

Eine Station weiter, hoch über dem Dorf auf den sanften Emmentaler Hügeln, lässt Wälti den Blick doch etwas in die Zukunft schweifen. Nicht in ihre eigene, sondern in jene des Frauenfussballs. «Wir sind in den letzten 15 Jahren unglaublich weit gekommen. Wenn die Entwicklung in den nächsten fünf bis zehn Jahren gleich schnell voranschreitet, werden wohl einige staunen, was alles möglich wird.» Das zeigt sich auch in Wältis persönlicher Laufbahn. Mittlerweile sind die Leaderfiguren der Nationalmannschaft auch als Werbegesichter für Sponsoren interessant. Seit mehreren Jahren arbeitet sie mit Adidas und Breitling zusammen.

Mit der Situation in England sei sie schon jetzt sehr happy, erzählt sie, während sie auf einer Bank sitzt, mit Aussicht auf die imposanten Berner Alpen. In England hat der Frauenfussball einen hohen Stellenwert. «Jedes Mal, wenn wir im Emirates-Stadion spielen, sind da 40’000 Leute oder mehr.» Natürlich kickt sie mit Arsenal auch oft vor nur 3000 Fans. Aber das liegt vor allem an der Infrastruktur, die nicht mehr Zuschauer zulässt. Zum Vergleich: In der Schweiz spielten die YB-Frauen in der vergangenen Saison vor durchschnittlich 453 Zuschauerinnen – was Ligarekord bedeutet.

Die Euphorie der Engländer bleibt unerreichbar

Den Vergleich mit der Schweiz findet Wälti aber schwierig. Während sich hierzulande wohl die Hälfte der Bevölkerung eher zum Wintersport hingezogen fühlt, sind die Engländer durch und durch fussballverrückt. «Wenn du in London zehn Leute ansprichst, erzählen dir neun davon, dass sie von einem Fussballklub Fan sind», erklärt Wälti.

Foto: Sven Thomann

In der Premier League ist praktisch jedes einzelne Spiel ausverkauft. «In der Schweiz passiert das gerade mal dem Klub, der aktuell erfolgreich ist.» Mit ihrer Strahlkraft lockt die englische Liga Fussballfans aus der ganzen Welt auf die Insel. «Hingegen kommt ein Tourist wohl eher selten extra wegen eines YB-Spiels nach Bern.» Die Sache müsse man ein wenig pragmatisch anschauen.

Ein Kinderbuch für die EM in der Schweiz

Dennoch ist sie überzeugt, dass der Funke an der Heim-EM 2025 auf die breite Bevölkerung überspringen wird. Auch in Langnau, wo Eishockey eigentlich die klare Nummer eins unter den Sportfans ist. Die Europameisterschaft im eigenen Land – eine riesige Chance. Schon in diesem Jahr waren die WM-Einschaltquoten so hoch wie nie zuvor, trotz der unüblichen Anspielzeiten. «Wir können eine Euphorie auslösen», ist sie sich sicher. Vor allem aber wollen Wälti und Co. mit dem Heimturnier viele Mädchen erreichen und sie für den Fussball begeistern. «Je mehr Spielerinnen es gibt, desto stärker wird die Konkurrenz, umso höher wird die Qualität des Fussballs», ist ihre einfache Schlussfolgerung. Um diese Meitschi zu erreichen, setzt die Spielerin nicht nur auf den Sport.

Schon lange hegt sie den Plan, rechtzeitig auf die Heim-EM ein Kinderbuch zu veröffentlichen. «Ich liebe Kinder, das war immer schon so. Kleinkindererzieherin zu werden, liegt wohl nicht mehr drin, ein Kinderbuch aber schon.» Im Moment sei sie auf der Suche nach den richtigen Leuten, die ihr bei diesem Projekt helfen können. Die Ideen sammelt Wälti gerne an der frischen Luft, am liebsten eben hier oben, in der klaren Emmentaler Landluft. Wenn sie mal zu Hause ist, spaziert sie auf den Hügeln gut und gerne drei Stunden am Stück ums Dorf herum. Wenn alles rund läuft und die Ideen kommen, steht Lia Wälti in Zukunft nicht nur als Nati-Captain auf den Fussballplätzen der Schweiz, sondern auch als Co-Autorin auf dem Cover eines Kinderbuchs.

Das Treffen mit Lia Wälti wurde Blick im Rahmen eines Breitling-Media-Days ermöglicht.
Gruppe A1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Italien
Italien
6
5
9
2
Niederlande
Niederlande
6
0
9
3
Norwegen
Norwegen
6
3
7
4
Finnland
Finnland
6
-8
5
Gruppe A2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Spanien
Spanien
6
13
15
2
Dänemark
Dänemark
6
6
12
3
Belgien
Belgien
6
-13
4
4
Tschechische Republik
Tschechische Republik
6
-6
4
Gruppe A3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Frankreich
Frankreich
6
1
12
2
England
England
6
3
11
3
Schweden
Schweden
6
2
8
4
Irland
Irland
6
-6
3
Gruppe A4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Deutschland
Deutschland
6
9
15
2
Island
Island
6
6
13
3
Österreich
Österreich
6
-2
7
4
Polen
Polen
6
-13
0
Gruppe B1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schweiz
Schweiz
6
11
15
2
Türkei
Türkei
6
0
9
3
Ungarn
Ungarn
6
1
7
4
Aserbaidschan
Aserbaidschan
6
-12
4
Gruppe B2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Schottland
Schottland
6
12
16
2
Serbien
Serbien
6
7
13
3
Slowakei
Slowakei
6
-6
4
4
Israel
Israel
6
-13
1
Gruppe B3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Portugal
Portugal
6
12
16
2
Nordirland
Nordirland
6
1
10
3
Bosnien und Herzegowina
Bosnien und Herzegowina
6
-5
7
4
Malta
Malta
6
-8
1
Gruppe B4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Wales
Wales
6
15
14
2
Ukraine
Ukraine
6
7
11
3
Kroatien
Kroatien
6
-5
9
4
Kosovo
Kosovo
6
-17
0
Gruppe C1
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Weißrussland
Weißrussland
6
19
18
2
Georgien
Georgien
6
-1
10
3
Litauen
Litauen
6
-5
7
4
Zypern
Zypern
6
-13
0
Gruppe C2
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Slowenien
Slowenien
6
26
18
2
Lettland
Lettland
6
-8
9
3
Nordmazedonien
Nordmazedonien
6
-7
7
4
Moldawien
Moldawien
6
-11
1
Gruppe C3
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Griechenland
Griechenland
6
13
16
2
Montenegro
Montenegro
6
11
10
3
Färöer
Färöer
6
2
9
4
Andorra
Andorra
6
-26
0
Gruppe C4
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Rumänien
Rumänien
6
15
18
2
Bulgarien
Bulgarien
6
-2
7
3
Armenien
Armenien
6
-10
6
4
Kasachstan
Kasachstan
6
-3
4
Gruppe C5
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Albanien
Albanien
4
4
9
2
Luxemburg
Luxemburg
4
-1
5
3
Estland
Estland
4
-3
2
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